© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/21 / 12. Februar 2021

Mit den Corona-Hilfen erfolgreich an der Börse spekulieren?
Die Gamestop-Manie hält an
Thomas Kirchner

Auf 48 Millionen Dollar war Keith Gills Anlage in Gamestop-Aktien in der Spitze gestiegen. Unter einem obszönen Pseudonym im Diskussionsforum Reddit hatte der Finanzanalyst mit Katzen-Shirt und rotem Stirnband die Manie um Gamestop ausgelöst. Ein Foto seines Kontoauszugs zeigt einen Barbestand von fast 14 Millionen Dollar. Da er mit nur 50.000 Dollar angefangen haben will, muß er Gamestop-Aktien zu Höchstkursen verkauft haben. Käufer waren vermutlich Tausende andere Redditnutzer, die erst spät auf den Zug aufsprangen und nun auf schmerzlichen Verlusten sitzen.

Die erste Corona-Hilfe – 1.200 Dollar für Erwachsene, 500 Dollar für Kinder – wurde von vielen an der Börse investiert. Dadurch stieg die US-Sparquote im April von sieben auf nie zuvor gesehene 33,7 Prozent. Im Januar gab es weitere 600 Dollar pro Kopf. Auch der nächste „Stimulus Check“ dürften auch wieder an der Börse landen. Gekauft werden Problemaktien, die von Profis gemieden werden. Hertz warnte, seine Aktien könnten im Konkursverfahren wertlos werden. Trotzdem stürzen sich Kleinanleger auf den in Florida beheimateten Autovermieter, dessen Kurs auf Reddit eifrig diskutiert wird.

Das Phänomen erinnert an die Internetblase 2000/2001, als Kleinanleger auf Internetforen, damals Yahoo oder Siliconinvestor, über Dotcom-Aktien jubelten – ohne Rücksicht auf die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells. Medien berichteten über Teenager, die Taschengeld in stattliche Wertpapierdepots verwandelten. Als die Blase platzte, verschwanden die gigantischen Papiervermögen wieder. Sogar George Soros erlitt Milliardenverluste, denn sein Adjutant Stanley Druckenmiller hatte zum Höhepunkt der Blase „New Economy“-Aktien gekauft. Auch damals fühlten sich Kleinanleger den Fondsmanagern überlegen und glaubten, Mausklicks zählten in der Internetökonomie mehr als altmodische Gewinnmargen. Heute glauben Schwarmanleger, Hedgefonds durch ihre Masse in die Knie zwingen zu können.

Robinhood ist nicht nur der Name einer Börsenapp, sondern auch Programm. Doch diese neue Generation technikaffiner Junganleger wiederholt die Fehler von damals. Kleinanleger können ihr Geld wegen des Lockdowns nicht ausgeben. Statt im Kasino wetten sie an der Börse auf Nullsummenspiele in wertlosen Pleiteaktien.

Gewinner waren 2001 Venturekapitalfonds, die Aktien zu Höchstkursen an die Börse brachten. Der größte Gewinner der Gamestop-Manie ist offenbar Senvest mit 700 Millionen Dollar Gewinn im Januar. Vermutlich hat der Hedgefonds zu Höchstkursen an Kleinanleger verkauft, welche die Mär der Macht der Robinhood-Masse glauben. Auf Reddit häufen sich bereits Klagen über hohe Verluste in Robinhood-Depots. Die Internetblase wiederholt sich – zumindest solange der US-Corona-Stimulus wie ein universelles Grundeinkommen fließt.