© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/21 / 12. Februar 2021

Werbung für universale Werte statt für nationale Kultur
Deutsche Sprache auf dem Rückzug
(dg)

Für das sinkende Interesse ausländischer Studenten am Deutschunterricht hat Johannes Ebert, der Generalsekretär des deutsche Sprache und Kultur global vermittelnden Goethe-Instituts, eine putzig-realitätsfremde Erklärung parat: „Früher wollten Menschen auch Deutsch lernen, um Husserl oder Nietzsche im Original lesen zu können.“ Heute sei nur wichtig, ob Deutsch als Fremdsprache der beruflichen Qualifikation diene. Tatsächlich lernten aber vor allem viele Ostasiaten, Mittel- und Osteuropäer Deutsch, nicht um die Geheimnisse der esoterischen Phänomenologie des deutsch-jüdischen Denkers Edmund Husserl zu enträtseln, sondern um die Philosophie Martin Heideggers, seines weltberühmten Schülers, besser zu verstehen. Aber aus politisch korrekten Gründen ersetzt Ebert kurzerhand den seit Jahren als „Nazi“ stigmatisierten Heidegger durch Husserl. Für Thomas Paulwitz, den Herausgeber der Deutschen Sprachwelt, zeigt sich solcher  Opportunismus auf vielen Feldern bundesdeutscher Sprachpolitik. International operierende Wirtschaftsunternehmen passen sich ebenso an, indem sie ihre Heimatsprache und Kultur „regelrecht verstecken“ (Ausgabe 82-2020/21). Das sorge in gleicher Weise für schwindende Anziehungskraft wie die Sprachpolitik des Auswärtigen Amtes (AA), die nicht mehr für deutsche Kultur, sondern für universale „Werte“ werben möchte. Mit dem Resultat, daß überall in den Staaten, die den „demokratischen Vorstellungen“ des AA nicht genügten und die am neudeutschen Wesen nicht genesen wollen, Deutsch auf dem Rückzug ist: USA und Polen (jeweils minus 15 Prozent seit 2015), Ungarn und Großbritannien (je minus 25) und Türkei (minus 60). 


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