© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 07/21 / 12. Februar 2021

Dorn im Auge
Christian Dorn

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen, zum Beispiel von den Kosten, die dank des „invaliden“ PCR-Tests fällig werden. So berichtet die Diva vom Café des Westsektors, sie habe für ihre Reise auf die Malediven (via Katar) an den Flughäfen für die erzwungenen PCR-Tests über 300 Euro extra bezahlen müssen. Diese Summe reichte eigentlich für ein Last-Minute-Angebot in exotische Gefilde. Doch das Reich der Mitte hat augenscheinlich die Mittel, dem Rest der Welt einen teuren Lockdown zu verordnen, oder besser: zu verkaufen – ist die VR China doch Exportweltmeister. Der 80er-Jahre-Song „China in Your Hand“ der britischen Band T’Pau erhält da eine unfreiwillig komische Note.


Gar keinen Spaß versteht die „Antifa Nordost“, die unter dem Motto „Coronaleugner*innen raus aus dem Kiez! / Die ‘Scotch&Sofa’-Bar dicht machen!“ zur „Demonstration“ aufruft. Und das mit Erfolg: Startet der Aufmarsch der etwa 600 Köpfe zählenden schwarzen Schar doch vor genau dieser Bar, der vom Vermieter inzwischen gekündigt wurde. Endziel der in unverkennbarer SA-Tradition stehenden „Hausbesuche“ ist die Adresse von Beatrix von Storch, die ihrerseits eine AfD-Demonstration angemeldet hat, weshalb der Straßenabschnitt von der Polizei abgesperrt ist. Berührend, zuletzt erheiternd, ist der Auftritt der Bundestagsabgeordneten. So demontiert von Storch am Ende ihrer Rede die antikapitalistischen Phrasen des Antifa-Aufzugs: Ihr seid gegen die Umverteilung an die Reichen – ja merkt ihr denn nicht, daß durch die Corona-Politik die größte Umverteilung überhaupt stattfindet? Ihr wollt mehr Geld? Ach Kinder, was ihr braucht, ist nicht mehr Geld, sondern mehr Hirn und Verstand!


Manchmal braucht es aber Manneskraft und Mut. Freitag nacht, demonstrativ ohne Maske, provozieren in der U-Bahn vier Kulturbereicherer. Mein drahtiger Sitznachbar rollt die Augen wie ich. Schließlich springt er, Polizist in zivil, an der nächsten Station zu den Typen und fordert sie auf, den Zug sofort zu verlassen. Hasenfüßig stolpern die vier Figuren aus der Tür, um schließlich zurückzukommen – da stürzt der südländische junge Mann neben mir entschlossen zur Tür und schubst die Leute rechtzeitig wieder raus. Wieder am Platz zieht er hinter sich eine Flasche Bourbon der Marke „Western Gold“ vor, nimmt einen kurzen Schluck, verstaut die Flasche wieder und setzt seine Maske auf. Das wäre jetzt der richtige Werbespot! Als ich neben ihm an der Schönhauser Allee aussteige, lache ich: An der U-Bahn-Tür klebt ein zerkratzter Identitären-Aufkleber: „Uns… Land, unsere Wert…“