© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/21 / 19. Februar 2021

Stella Kyriakides. Quote statt Kompetenz: die Kommissarin stürzt die EU ins Impfchaos.
Mutter des Desasters
Albrecht Rothacher

Wie wird man EU-Kommissarin für Volksgesundheit? Man – beziehungsweise in diesem Fall Frau – hat zwar weder Expertise noch Erfahrung, entstammt aber einer Bankiersfamilie aus Zyperns Hauptstadt Nikosia, ist mit dem Präsidenten der Republik eng befreundet und saß vier Monate der Parlamentarischen Versammlung des völlig unbedeutenden Europarates vor. In Brüssel gibt es 26 Kommissare, von denen manche wichtig sind – andere eher Jobs für Festreden und Grußadressen. Ein Anforderungsprofil, dem die Kinderpsychologin ohne Führungserfahrung Stella Kyriakides aus Zyperns Geldadel offenbar gerecht wird. Zumal sie sich in ihrer Heimat politisch nur als Fürsprecherin für Brustkrebsopfer und Abtreibung hervortat.

Nachdem Zyperns Präsident Kommissionspräsidentin von der Leyen, die auf Frauenquote allerhöchsten Wert legt, Kyriakides vorgeschlagen hatte, wurde die heute 64jährige 2019 mit der Leitung der Generaldirektion „Santé“, Gesundheit, betraut. Eine eher streßfreie Position, die aber schon gewisse Sachkenntnis voraussetzt ... doch sei’s drum! 

Santé befaßt sich hauptsächlich mit Themen wie Tierfutter, Nahrungsmittelsicherheit oder Verbraucherschutz. So schlug man vor einigen Jahren vor, offene Olivenölkännchen in Pizzerien zu verbieten und möchte aktuell Gesundheitswarnungen auf Weinetiketten zur Pflicht machen, damit der mündige Verbraucher ihn nicht mit Traubensaft verwechselt. Ansonsten hatte man keine Kompetenzen in der Gesundheitspolitik – zum Glück, möchte man sagen. 

Dann aber brach Corona über die schläfrige Truppe herein. Von der Leyen rief die „Stunde Europas“ aus und ließ sich von Merkel und Co. Verhandlungsvollmacht zur EU-weiten Impfstoffbesorgung geben. Zwar kann eine gute Verwaltungsspitze einen unfähigen Minister oder eine unkundige Kommissarin meist halbwegs so steuern, daß zumindest Katastrophen ausbleiben, doch hatten Kyriakides und von der Leyen 2020 an deren Spitze die Dolmetscherin Sandra Gallina berufen, die zuvor Abkommen mit Drittweltländern geschlossen, nie aber – ebenso wie ihre zwei fachfremden Stellvertreter – Verträge mit knallharten Pharmariesen verhandelt hatte. So spendierte die Leyen-Spielerinnen-Truppe diesen 2,9 Milliarden Euro Entwicklungskosten und vertrödelte die Zeit mit Feilschen über Preise und Produkthaftung, während Amerikaner, Briten und Israelis sich ausreichend Impfstoff sicherten. Fixe Lieferverpflichtungen zu vereinbaren, das hatte man im Hause Kyriakides leider übersehen. 

Doch kein Grund, zerknirscht zu sein. Und so legte die Chefin nach „getaner“ Arbeit auf heimischem Balkon entspannt die Füße hoch – und postete ein Bild davon auf Instagram. Dessen provokative Wirkung auf die Opfer ihres politischen „Geschicks“ sich die inzwischen als „Füße-hoch-Kommissarin“ Geschmähte offenbar nicht vorstellen konnte.