© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 08/21 / 19. Februar 2021

Kabinenklatsch
Eine Verschwörung wittern
Ronald Berthold

Fußball ist nicht immer gerecht. Oft fühlt sich der Verlierer sogar betrogen. Die Fans kleiner Mannschaften wissen, was ich meine: Erst haste kein Glück, und dann kommt noch Pech dazu – oder ein Schiedsrichter, der das Spiel verpfeift. 

Und natürlich benachteiligen die Unparteiischen die eigene Mannschaft viel häufiger, als daß sie sich mal zu ihren Gunsten irren. Hat was mit selektiver Wahrnehmung zu tun. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen. Aber die Einführung des Videobeweises fand ich klasse. Endlich war der Willkür des zwölften Mannes ein Ende gesetzt.

Dachte ich. Als Fan der Würzburger Kickers würde ich das allerdings anders sehen. Alles begann kurz vor Weihnachten. Der Klub hatte auf Befehl des DFB gegen Darmstadt anzutreten, obwohl sich das halbe Team in Quarantäne befand. In der Schlußphase lief sogar der Ersatztorwart als Stürmer auf. Die Franken verloren 0:2. Das roch nach Wettbewerbsverzerrung.

Was den Würzburger Kickers nun schon zweimal widerfuhr, sieht ziemlich nach Schiebung aus. 

Am 25. Januar wurde der Einspruch gegen die Wertung abgeschmettert. Und danach ging es richtig los. Als Tabellenletzter der zweiten Liga wittert man natürlich schnell eine Verschwörung. Aber irgendwie kann man das den Funktionären und Anhängern der Kickers nicht verübeln. Denn was den Würzburgern nun schon zum zweiten Mal hintereinander widerfuhr, sieht ziemlich nach – Achtung, böses Wort – Schiebung aus.

Erst brachte ein Strafstoß ohne Foul die SpVgg Fürth zehn Minuten vor Schluß auf die Siegerstraße. Und eine Woche später passierte genau das gleiche noch einmal in Kiel. Zweimal hatte der Würzburger Torwart den Gegner nicht berührt, zweimal gab es Elfmeter. Doch wo war der Video-Assistent? Machte der gerade Pinkelpause? Oder wollte der etwas sehen, das es nicht gegeben hat? Und wenn ja, weshalb? Wegen des Einspruchs?

Der DFB hat inzwischen eingeräumt, daß es sich um krasse Fehlentscheidungen handelte. Aber was nützt das den Kickers? Sie liegen jetzt sechs Punkte hinter dem Relegationsplatz. Und wissen, daß mehr Gerechtigkeit durch den Videobeweis eine schöne Illusion war.