© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/21 / 05. März 2021

Zeitschriftenkritik: Frankreich erleben
Leuchttürme, Bunker, Dörfer
Thorsten Thaler

Die „Hölle der Höllen“ liegt im Atlantischen Ozean. Es ist der Ar-Men, ein zwischen 1867 und 1881 erbauter Leuchtturm, etwa zehn Kilometer vor der bretonischen Île de Sein. Aufgrund seiner isolierten Lage war ein Wechsel der Besatzung häufig über Wochen nicht möglich. Der 33 Meter hohe Leuchtturm ist mehr als jeder andere starken Strömungen ausgesetzt. „Bei Stürmen bringen die tosenden Wellen, die gegen seine Mauern peitschen, das Bauwerk derart zum Erbeben, daß im Innern kein Gegenstand an den Wänden aufgehängt werden kann“, heißt es in einem Beitrag des Magazins Frankeich erleben (Nr. 77, Winter 2020/21) über Leuchttürme und Leuchtfeuer in der Bretagne. Die letzte Wachablösung auf dem Ar-Men (bretonisch für Felsen bzw. Stein) fand übrigens 1990 statt, seither wird er automatisiert betrieben.

Von den 129 französischen Leuchttürmen an Land und im Meer befinden sich 52 in der Bretagne, darunter der nicht minder legendäre Phare du Créac’h auf der Insel Ouessant. Zu dem Gebäudekomplex gehört das Musée des Phares et Balises (Museum der Leuchttürme und Leuchtfeuer). Es beherbergt unter anderem eine Sammlung optischer Signalsysteme und informiert über Bau und Unterhaltung der Leuchttürme sowie das Leben der Leuchtturmwärter. Im Kontext mit diesem kleinen Museum, dessen Renovierung und Erweiterung „beschlossene Sache“ sei, soll bis 2022/23 in der Hafenstadt Brest ein Zentrum nationaler Leuchttürme mit zahlreichen Begegnungs- und Ausstellungsräumen entstehen. Die Einrichtung soll nicht nur den Seezeichen im engeren Sinne, sondern auch „den Herausforderungen des Meeres im allgemeinen“ gewidmet sein. Nach Angaben von Frankreich erleben werden die Kosten für das Gesamtprojekt auf 18 Millionen Euro geschätzt.

Ein weiterer Beitrag in dem Heft befaßt sich mit La Coupole, einer Bunkeranlage in der Region Hauts-de-France in Nordfrankreich. Der während der deutschen Besatzung 1943/44 errichtete Bunker besteht aus kilometerlangen Gängen unter einer fünfeinhalb Meter dicken Betonkuppel mit einem Durchmesser von 91 Metern. Die Anlage sollte als Abschußbasis für V2-Raketen dienen, die unter der Leitung Wernher von Brauns entwickelt wurden. Heute ist La Coupole außer einer Erinnerungsstätte, die neben der NS-Zeit auch über die Nachkriegsgeschichte informiert, zugleich ein Planetarium.

Ebenfalls lesenswert sind zwei Reportagen. Die eine führt durch La Chartre-sur-le-Loir, einen kleinen Ort zwischen Le Mans und Tours im nordwestlichen Département Sarthe. Wegen der Konzentration von Antiquitätenhändlern dort wird das Dorf auch Village des antiquaires genannt. Die andere stellt die 1993 eröffnete Grange au Lac vor. Der komplett aus Holz errichtete Konzertsaal für 1.200 Zuhörer in der Gemeinde Évian-les-Bains (Haute-Savoie) berührt Besucher vor allem wegen seiner „herausragenden Akustik“.

Kontakt: AVZ GmbH, Storkower Straße 127a, 10407 Berlin. Das Einzelheft kostet 5,90 Euro, ein Jahresabo für vier Ausgaben 19,90  www.frankreicherleben.de