© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 10/21 / 05. März 2021

Umwelt
Merkels Benziner
Jörg Fischer

Für BMW war der X5 M50d der Star der IAA 2013: Ein Geländewagen mit Turbodiesel, 381 PS und 750 Newtonmeter Drehmoment. Für Angela Merkel war es der i3 aus demselben Konzern, denn „wir wollen bis 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen bringen“, dekretierte die Kanzlerin zur Eröffnung der Automesse. Doch daraus wurde nichts – trotz inzwischen 9.000 Euro Kaufprämie. Der eigenwillige i3 wurde ein Verlustgeschäft, die X-Reihe ein Goldesel. 2019 wurden hierzulande erstmals über eine Million SUV und Geländeautos verkauft – von Audi Q2 bis Volvo XC90. Doch nun naht Rettung: Es sei erfreulich, „daß wir die Eine-Million-Marke an E-Fahrzeugen, so wie es jetzt aussieht, dieses Jahr erreichen“, verkündete Henning Kagermann, Chef der „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“ (NPM).

„Plug-in-SUV verkörpern das exakte Gegenteil einer effizienten Antriebswende.“

Die Physiker Kagermann und Merkel wissen, daß kleine Änderungen große Auswirkungen haben können: Im „Zweiten Fortschrittsbericht der NPM“ werden einfach die Plug-in-hybrid Electric Vehicle (PHEV) hinzugezählt. Das sind meist Benziner, die dank Lithium-Akku und zusätzlichem E-Motor theoretisch 40 Kilometer stromern können. Und so fanden sich schon im Oktober unter den 48 Millionen Pkws nicht nur 222.000 Elektroautos, sondern dank der 195.000 PHEV plötzlich 417.000 (0,9 Prozent) E-Fahrzeuge. Die PHEV sind mit 6.750 Euro Zuschuß lukrativ. Vielleicht nicht von Ford und BMW, bei denen gab es Rückrufe wegen Brandgefahr. Die Modelle von Mercedes, Mitsubishi, Toyota oder VW scheinen ausgereifter. Allerdings warnt die Deutsche Umwelthilfe: „Plug-in-SUV, die ihre Minibatterie für einen kurzen Elektrotrip in der Innenstadt unter hohem CO2-Ausstoß über den Verbrenner laden und ansonsten ihren Alibi-Elektromotor nur spazieren fahren, verkörpern das exakte Gegenteil einer effizienten Antriebswende.“