© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/21 / 12. März 2021

Die Bundesbank vermeldet für 2020 einen Gewinn von null
Ein Schuß vor den Bug
Joachim Starbatty

Seit es den Euro als Bargeld gibt, schwankte der Bundesbankgewinn zwischen 250 Millionen und 6,3 Milliarden Euro. Im Schnitt konnte der Finanzminister mit jährlich zwei Milliarden Euro rechnen. Dieses Mal sagte Jens Weidmann aber: „Der Bilanzgewinn der Deutschen Bundesbank ist null.“ Das hat es zuletzt 1972 gegeben, 1979 gab es den letzten Verlust. Doch die neue Begründung läßt aufhorchen: Die Bundesbank habe eine erheblich höhere Risikovorsorge treffen müssen, erklärte der Bundesbankpräsident.

Das höhere Risiko sei auch die Konsequenz der umfassenden geldpolitischen Maßnahmen in der Corona-Pandemie, also der erneuten Geldschwemme in der Eurozone. Zusätzlich gebe es Zinsänderungsrisiken, die für die Zentralbanken verlustträchtig sein könnten. Die Bundesbank hat in erheblichem Umfang Wertpapiere auf ihrer Aktivseite stehen. Sie hat damit die niedrige Verzinsung solcher Aktiva festgeschrieben. Anders sieht es auf der Passivseite aus, wo die Verbindlichkeiten der Bundesbank – unter anderem die Einlagen der Geschäftsbanken – bilanziert werden. Wegen der Negativzinsen erzielte die Bundesbank daraus noch Nettogewinne. Beim Anstieg der Leitzinsen wird daraus für die Bundesbank ein Verlustgeschäft, weil aus Erträgen Aufwendungen werden.

Wenn die Inflation nachhaltig steigt, wird die EZB umsteuern müssen. „Die Zinsbindungsfristen auf Aktiv- und Passivseite unserer Bilanz klaffen auseinander“, warnte Weidmann. Manche Privatbank ist so in den Konkurs getrieben worden. Auch der frühere EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark betont, daß die „Null“ die stark gestiegenen Risiken durch die Anleihekäufe reflektiere – und die dürfe man nicht nonchalant kleinreden. Bilanzgewinn gleich null – das ist ein Schuß vor den Bug des Regierungsschiffs, das weiter in Richtung eines tiefer werdenden Schuldenmeeres treibt. Olaf Scholz wird sich davon nicht irre machen lassen. Die fehlenden Einnahmen wird er sich bei der freigebigen EZB holen. Wenn er die Fiskalunion als die Zukunft der Eurozone sieht, wird ihn ein Ausfall von zwei Milliarden Euro nicht schmerzen.

Da in einer Fiskalunion die Schulden vergemeinschaftet werden, wäre eine zurückhaltende Schuldenaufnahme sogar vergeblich, dann hätten ja bloß die anderen einen höheren Verschuldungsspielraum. Und wie verhalten sich die Partner-Zentralbanken? Sie werden wohl alle bei der „Business as usual“-Politik bleiben. Früher war die Deutsche Bundesbank der Leuchtturm für andere Zentralbanken, die sich an ihrem Kurs orientierten.

Diese Zeit ist vorbei. Heute ist sie ein Teil der EZB; ihre Stimme wird zwar gehört, aber nicht befolgt. Ein Schuß vor den Bug – ja. Angela Merkel und Olaf Scholz werden antworten: „Na und!?“






Prof. Dr. Joachim Starbatty ist Ökonom und war Abgeordneter des EU-Parlaments.