© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 11/21 / 12. März 2021

Umwelt
Die ewige Jugend
Paul Leonhard

Der Hirnforscher Jonas Neher von der Universität Tübingen hat eine Vision: Medikamente könnten die Blut-Hirn-Schranke überwinden, in das Gehirn vordringen und dieses verjüngen. So ließen sich Alterungsprozesse aufhalten und vielleicht sogar umkehren. Daß geistiger Verfall umkehrbar ist, daran glauben auch Stanford-Wissenschaftler. Zumindest bei Mäusen bleibe das Gehirn jung, wenn ein bestimmter Signalweg für das Hormon Prostaglandin E2 fehle. Würde es gestoppt, könnten Entzündungen verhindert werden. Von „einer Art Verjüngungskur im Blut“ spricht Katrin Andreasson, Neurologieprofessorin an der kalifornischen Privatuni. Der altersbedingte Verlust kognitiver Fähigkeiten des Gehirns werde rückgängig gemacht. Aber warum nicht auch beim Menschen? Die US-Wissenschaftler haben das Blut von Personen verschiedenen Alters untersucht und darin die gleichen Signalwege wie bei Mäusen gefunden.

Blutstammzellen junger Spender beflügeln auch den Genesungsprozeß älterer Patienten.

Droht jetzt die ewige Jugend? Auch am Uniklinikum Jena wurde festgestellt, daß bei der Transplantation von Blutstammzellen junger Spender in alte Patienten die Blutzellen ihre jugendliche Signatur behalten, auch wenn sie im alten Organismus leben. Das wirkt sich positiv auf den Genesungsprozeß des Patienten aus. Die Wissenschaftler verweisen auf kürzlich publizierte Daten, nach denen bestimmte Proteine im Blut Organe verjüngen können und so der gesamte Körper jünger werde. Damit schließt sich aber der Kreis. Denn die Daten stammen aus Stanford. Dort experimentiert Alzheimerforscher Tony Wyss-Coray an einem Verjüngungselixier, einem Cocktail aus verschiedenen Proteinen. Die amerikanische Firma Ambrosia warb bereits mit Plasma-Infusionen gegen das Altern und verkaufte den Liter für 8.000 Dollar im Rahmen einer klinischen Studie. Erst die strenge US-Arzneimittelbehörde FDA beendete das lukrative Geschäft.