© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/21 / 19. März 2021

Ländersache: Hessen
Ahle Wurscht und grie Soß
Paul Leonhard

So ein Spaß kurz vor dem Wahlgang. Die Satirepartei „Die Partei“ hatte dem hessischen Löwen Hemd, Schlips und Jackett verpaßt, ein gefülltes Apfelweinglas in die Tatze gedrückt und dem Gesicht etwas Beschwingtes verliehen. Aus Sicht des Wiesbadener Innenministerium war damit der Tatbestand der Verunglimpfung des Landeswappens erfüllt.

Daß die Posse Einfluß auf die Abstimmung hatte, darf getrost bezweifelt werden. Vergangenen Sonntag waren rund 4,7 Millionen Hessen aufgerufen, ihre Stimmen für die Kreistage, Stadt- und Gemeindeparlamente sowie Ortsbeiträte und Ausländervertretungen für die nächsten fünf Jahre abzugeben. Auch waren 34 Bürgermeister- und fünf Landratsposten zu besetzen. Insgesamt traten 20 Parteien und 585 Wählergruppen an. Wegen der vielen Briefwähler und weil  zudem das Wahlsystem als äußerst kompliziert gilt – Stimmen dürfen einzeln oder mehrfach an Kandidaten auch aus verschiedenen Wahlvorschlägen gegeben werden, dauerte es bis Dienstag, daß wenigstens ein landesweites Trendergebnis vorlag. Die endgültigen Wahlergebnisse werden erst Ende der Woche erwartet.

Demnach kommen die Christdemokraten bei den Wahlen zu den Gemeindevertretungen und Stadtverordnetenversammlungen auf 28,2 Prozent und verschlechtern sich damit lediglich um 0,7 Prozentpunkte gegenüber 2016. Es folgt die SPD mit 23,3 (28,5) Prozent, die Grünen mit 19,4 (11,3) Prozent, die AfD mit 8,1 (11,9) und die Liberalen mit 6,6 (6,4) Prozent.

Trotz eines Minus zeigte sich AfD-Landessprecher Klaus Herrmann zufrieden. Die Partei sei ihrem Ziel einer stärkeren Verwurzelung vor Ort ein gutes Stück nähergekommen und „in wesentlich mehr kommunalen Parlamenten vertreten als noch 2016“. Erfolge erzielte die Partei vor allem mit 11,5 Prozent im Landkreis Fulda. 

Da es keine Fünf-Prozent-Sperrklausel gibt, haben es örtliche Wählervereinigungen und Kleinparteien in die Räte geschafft. So zog beispielsweise auch der deutsche Ableger der gesamteuropäischen Bürgerbewegung Volt in den Stadtrat von Frankfurt am Main. Im „Römer“ dort sitzen auch wieder – trotz Verlusten – die Ökolinx-Antirassistische Liste samt Spitzenkandidatin Jutta Ditfurth sowie die Bürger für Frankfurt (BFF), die aber wohl ihren Fraktionsstatus verlieren werden. 

Die rechtsextreme NPD konnte in ihren Hochburgen in Altenstadt im Wetteraukreis und in Leun im Lahn-Dill-Kreis zweistellige Ergebnisse erzielen. In Städten wie Frankfurt, Kassel, Darmstadt, Gießen und Marburg hat der grüne Dreiklang „aus Ökologie, Ökonomie und sozialer Gerechtigkeit“ ausreichend Bürger überzeugt, um die Grünen zur stärksten Fraktion in den Stadtverordnetenversammlungen zu küren. Im nordhessischen Kassel sowie im Kreis Marburg schnitt zudem die Linkspartei gut ab. In Frankfurt dürfte das schlechte Ergebnis für die eigentlich traditionell starke SPD auch der seit anderthalb Jahren schwelenden Affäre um SPD-Oberbürgermeister Peter Feldmann geschuldet sein, gegen den wegen überhöhter Gehälter bei der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt (Awo) seit Ende Februar ermittelt wird. 

Und „Die Partei“? Auch die ist mit ihrem weinseligen hessischen Löwen in einige Räte eingezogen, unter anderem in der Bankenmetropole Frankfurt.