© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/21 / 19. März 2021

Schluck der Woche
Trink’ mer noch a Tröpfchen
Christian Vollradt

Vom Lockdown besonders betroffen ist, das blieb kein Geheimnis, die Gastronomie. Und in der Folge geschlossener Lokale und Gastwirtschaften oder abgesagter Festveranstaltungen ist vor allem auch der Absatz von Faßbier erheblich zurückgegangen. Insgesamt erlitten die Brauereien laut einer Umfrage des Branchenverbands 2020 ein Umsatzminus von durchschnittlich 23 Prozent. Denn sie verkauften 508,2 Millionen Liter Bier (5,5 Prozent) weniger als im Vorjahr. Insbesondere viele kleinere, mittelständische Privatbrauereien stehen vor dem Problem, daß sie auf ihren gefüllten Fässern sitzenbleiben, aus denen der Gerstensaft nicht mehr in Flaschen umgezapft werden kann; und die Uhr Richtung Verfallsdatum tickt unerbittlich. Nicht selten mußte das Hopfengold im Gully entsorgt werden. Mancher Brauer dachte sich da: wenn schon wegkippen, dann lieber in die Kehlen. Und so lautete die Parole: Freibier statt Vernichtung. Per WhatsApp lud etwa im Allgäu eine Brauerei zur Gratis-Abnahme des bald Verderblichen. Und mit Krügen, Kanistern und anderen Gefäßen bewaffnet kamen die Durstigen – ordnungsgemäß mit Abstand – zum Abfüllen. Wahrlich eine gute Idee. Wenn schon der ökonomische Schaden nicht mehr abzuwenden ist, so doch der kulinarische. Um mit Goethen zu schließen: „Was sollen wir sagen zum heutigen Tag? Ich dächte nur Ergo Bibamus.“