© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 12/21 / 19. März 2021

Umwelt
Der Wald stirbt wieder
Bernd Rademacher

In Millionenauflage verkündet der Spiegel im November 1981: „Saurer Regen über Deutschland – Der Wald stirbt“, anderthalb Jahre später warnte der SPD-Abgeordnete Freimut Duve im Parlamentarisch-Politischen Pressedienst vor einem „ökologischen Hiroshima“. Und der seit 1984 erscheinende Waldschadensbericht dokumentierte Schlimmes. Aber Rauchgasentschwefelung und Katalysatoren – zunächst im Westen, ab 1991 auch Osten – verhinderten die Apokalypse. Doch nun sorgt sich Julia Klöckner: „Unsere Wälder sind krank“, warnte die CDU-Agrarministerin. Drei Dürrejahre, Borkenkäfer, Stürme und Waldbrände haben massive Schäden angerichtet. Die Waldzustandserhebung 2020 zeigte den schlechtesten seit 1984, viele Bäumen haben lichte Kronen – doch der Klimawandel erklärt nicht alles.

Unberührte Urwälder sind nicht automatisch gesund und keine ideale Kohlenstoffsenke.

Den Fichten-Monokulturen wurde zugesetzt. Das ist der „Brotbaum“ der Holzindustrie. Doch der Trend geht hin zu Weißtanne und Douglasie, die weniger streßanfällig sind und zu mehr Durchmischung mit Laubbäumen. Die Naturverjüngung ist durch Verbißschäden gefährdet, daher fordern Landesministerien eine radikale Rehwild-Bejagung nach dem Motto: „Wald vor Wild“. Die traditionelle Jägerschaft sträubt sich: „Wir sind keine Schädlingsbekämpfer.“ Den Killerjob erledigen „ökologische Jäger“. Die deutsche Eiche erholt sich leicht, Sorgen bereitet die Buche. Vor allem Bäume über 60 Jahre sind betroffen. Ein Fünftel der Waldbäume ist ohne Befund. Die mittelschwere Kronenverlichtung liegt bei einem Viertel. 40 Prozent sind in der „Warnstufe“. Ein Drittel Deutschlands ist bewaldet – diese Fläche stieg seit 1970 um 1,5 auf 11,4 Millionen Hektar. Und unberührte Urwälder sind nicht automatisch gesund: In jedem Kubikmeter Holzprodukt sind etwa 300 Kilo Kohlenstoff gebunden – Totholz im Wald gibt diesen bösen Klimaschädling an die globale Atmosphäre ab.