© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/21 / 26. März 2021

Lobbyismus- und Korruptionsvorwürfe gegen die Union
Eine Frage des Anstands
Hans-Hermann Gockel

Nach den Lobbyismus- und Korruptionsvorwürfen gegen ihre Politiker will die Union hart durchgreifen. „Volle Transparenz und Konsequenzen“ verspricht Markus Söder und präsentiert einen neuen „Verhaltenskodex“. Dieser Zehn-Punkte-Plan für alle Mandatsträger sei „ein scharfes Schwert“. Eine Antwort auf die Frage, warum man so lange mit stumpfer Klinge hantierte, bekommt der Wähler nicht. Löbel, Nüßlein, Zech, Sauter und Co., die politischen Figuren, die jetzt am Pranger stehen, sind möglicherweise nur diejenigen, die dumm genug waren, sich erwischen zu lassen. Bezeichnend: CSU-Generalsekretär Markus Blume spricht mit Blick auf die Tätigkeiten seines Parteifreundes Tobias Zech für einen wegen Korruption angeklagten nordmazedonischen Politiker von möglichen „Interessenkollisionen“. Als sei hier noch irgend etwas politisch oder gar moralisch verhandelbar.

Die Politik in Deutschland braucht keinen neuen Zehn-Punkte-Plan für sauberes Verhalten. Papier ist geduldig. Es geht allein um die Frage des Anstands. Im übrigen: Wer sechs Jahre im Deutschen Bundestag sitzt, hat bereits einen lebenslangen Versorgungsanspruch, für den ein normaler Arbeitnehmer 36 Jahre lang Rentenbeiträge zahlen müßte. Auch mehr Demut täte da gut.






Hans-Hermann Gockel war Nachrichtenmoderator bei Sat.1 und N24