© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/21 / 26. März 2021

Ländersache: Bayern
¡Adios Amigos!
Christian Vollradt

Es sei „Zeit, reinen Tisch zu machen“, denn „für eine neue CSU braucht es neue Regeln und einen neuen Geist“, meinte Parteichef Markus Söder und kündigte „volle Transparenz“ an. Bayerns Ministerpräsident möchte seinen Nimbus, ein zupackender Krisenmanager zu sein, auf keinen Fall einbüßen. Schon gar nicht, bloß weil sich einige Abgeordnete von Söders Christsozialen durch Beraterverträge und „Maskendeals“ die Taschen voll machten. Ausgerechnet in eben jener Corona-Pandemie, in der „Super-Markus“ mit harter Hand durchzuregieren beliebt. Das (Selbst-)Bild des treusorgenden Landesvaters, der das heimtückische Virus entschlossen bekämpft, verträgt keine Risse. Erst recht nicht in einem Superwahljahr, in dem noch immer nicht entschieden ist, wer Kanzlerkandidat beider Unionsparteien werden soll. 

Daß nun auf einmal das böse Wort „Amigos“ aus der längst überwunden geglaubten Vergangenheit bajuwarischer Polit-Spezlwirtschaft auftauchte, ließ die Alarmglocken schrillen. Nach den Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein und Tobias Zech traf es nämlich auch den im Freitsaat ungleich prominenteren Alfred Sauter, ehemaliger bayerischer Justizminister, Landtagsabgeordneter und CSU-Vorstandsmitglied. 

Auch ihm wird vorgeworfen, Provisionen in möglischerweise Millionenhöhe für die Vermittlung von Maskengeschäften erhalten zu haben. Der Anwalt, der eine gemeinsame Kanzlei mit dem Politikurgestein Peter Gauweiler betreibt, bestreitet die Vorwürfe. Seine Parteiämter legte er nieder, die Fraktionsmitgliedschaft stellte er auf ruhend, sein Mandat im Maximilianeum will er allerdings nicht niederlegen. 

Nun war in München die Fähigkeit Söders gefragt, von Verteidigung auf Angriff umzuschalten. Und wenn einer wenden kann ... Mit einem zehn Punkte umfassenden „Maßnahmenpaket für Vertrauen und Integrität“ soll künftig Korruption im Keim erstickt werden. Alle CSU-Abgeordneten müssen eine „Integritätserklärung“ abgeben, wer das nicht korrekt tue, müsse mit Konsequenzen rechnen, die von Ämtersperre bis Parteiausschluß reichen. Überwacht wird die von einer „Compliance-Kommission“ unter der Leitung  von Parteigeneralsekretär Markus Blume.

Den Widerstand gegen das vom Berliner Koalitionspartner SPD geforderte Lobbyregister gibt man auf, und die von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aufgestellten Regeln werden im Münchner Modell noch einmal verschärft. So sollen gewerbsmäßige Nebentätigkeiten künftig ausgeschlossen sein, wenn der Bertreffende „Führungsaufgaben in den Parlamenten“ wahrnimmt. 

Das stößt bei einigen in der Schwesterpartei sauer auf. „Man muß sich über die Konse­quen­zen im klaren sein“, mahnte der haus­halts­po­li­ti­sche Spre­cher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg gegenüber der FAZ. Dürften Abgeordnete in Leitungsfunktion keiner beruflichen Nebentätigkeit mehr nachgehen, sei bestimm­ten Berufs­grup­pen wie etwa Landwirten mit eigenem Hof der Weg in die Poli­tik versper­rt.

Doch solche Einwände dürften am starken Mann in München abprallen. Was dem politischen Erfolg im Weg stehen könnte, wirft Söder über Bord, seien es christsoziale Überzeugungen – oder „Amigo“-Altlasten.