© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/21 / 26. März 2021

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Ein Gehen und Kommen
Christian Vollradt

Die kleinen Büchlein mit den charakteristischen schrägen roten und weißen Streifen auf dem Einband gehören zum Berliner Politikbetrieb wie die vier Pferde zur Quadriga auf dem Brandenburger Tor: „Kürschners Volks-

handbuch – Deutscher Bundestag.“ In jeder Legislaturperiode werden hier alle Bundestagsabgeordneten in alphabetischer Reihenfolge mit Stichworten zur Biographie, Ämtern und Schwerpunkten vorgestellt. Sternchen neben dem jeweiligen Namen verraten die Anzahl der Legislaturperioden, die der Betreffende auf dem Buckel hat. Der „Kürschner“ ist schon älter als der Bundestag, seit 1890 erscheint das Politiker-Handbuch. Zweimal pro Jahr, jeweils im Januar und Juni, wird aktualisiert. Kleine Punkte auf dem Einband geben die Auflage an; aktuell sind es sieben. Doch auch die ist mittlerweile schon nicht mehr aktuell, seit in der Unionsfraktion die Mandatsträger über Maskendeals und Beraterverträge purzeln (JF 12/21).

Während der Abgeordnete Georg Nüßlein – fünf Sterne, ehemals CSU – mittlerweile die Truppe der Fraktionslosen als Mitglied Nummer acht verstärkt, gab sein aus der CDU ausgetretener Kollege Nikolas Löbel (ein Stern) dort nur ein kurzes Gastspiel – er schied aus dem Bundestag inzwischen aus. Für ihn kann die frühere Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac über die baden-württembergische Landesliste  nachrücken. Und auch der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Bernd Fabritius (CSU), kehrt in den Bundestag zurück, dem er in der 18. Legislaturperiode bereits angehört hatte. 

Er nimmt den Sitz des zurückgetretenen Tobias Zech ein, dem Verstrickungen in das dubiose Treiben mazedonischer Politiker zum Verhängnis wurde. Und für den Thüringer Mark Hauptmann (CDU) darf Kristina Nordt aus Erfurt nachrücken. Auch der plötzliche Tod der CDU-Abgeordneten Karin Strenz aus Mecklenburg-Vorpommern – die ebenfalls und schon längere Zeit mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert worden war (JF 19/18) – wirft eine Nachrücker-Frage auf.

Der Zeitpunkt der ungewöhnlich vielen Rochaden bringt das Kuriosum mit sich, daß die neuen MdB faktisch nur noch sechs (Sitzungs-)Wochen im Amt sein werden. Denn im Juni beginnt die Sommerpause, die nahtlos in den Wahlkampf übergeht. Und im September werden die Karten wieder neu gemischt. 

Was die ausscheidenden Abgeordneten unterdessen zu beachten haben, hat die Bundestagsverwaltung in einer zehn- seitigen Checkliste zusammengefaßt. Darin geht es nicht nur um die Klärung von Übergangsgeld und Altersvorsorge, die Schließung der E-Mail-Postfächer und das Löschen der Daten auf dienstlich genutzten Computern; zu prüfen sei auch, obmögliche Überstunden der Mitarbeiter abgegolten sind. 

Ausgeliehene Kunstwerke aus der Sammlung des Bundestages werden abgeholt, der Diplomatenpaß muß dem Auswärtigen Amt zurückgegeben und dort vernichtet werden. Wichtig auch: „Die Senatorkarte der Lufthansa darf nur bis 14 Tage nach dem Ausscheiden genutzt werden.“