© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/21 / 26. März 2021

Tradition der Woche
Der Name bleibt
Paul Leonhard

O Graus, in Radebeul bei Dresden jagt ein Skandal den anderen. So ehrt ein Museum den längst des Rassismus überführten Abenteuerschriftsteller Karl May, der lieber den Tod der Schwester des edlen Winnetous in Kauf nahm, als sie der alten weißen Schmetterhand zur Frau zu geben. Im Museum hat man sich zwar inzwischen aller Skalps entledigt, aber noch nicht der Bilder des NS-Malers Wilhelm Emil „Elb“ Eber. Doch es kommt noch schlimmer: In dem sächsischen Örtchen gibt es eine 330 Meter lange Mohrenstraße, die zum Mohrenhaus führt, dessen Portal zwei nackte, kraushaarige Burschen aus Sandstein mit wulstigen Lippen und Ohrringen zieren. Und dieses passieren Mädchen und Jungen, die hier die Kita besuchen. Eine tagtägliche Konfrontation mit rassistischen Vorurteilen. So sieht das eine antirassistische Schülergruppe und fordert (mit Unterstützung des örtlichen Bürgerforums, SPD und Grünen) Namensänderungen. Statt dankbar zu sein, sträuben sich die Bürger. Tradition zählt mehr als Zeitgeist. Eine Mehrheit steht zum Mohren. Aber so seltsam waren die Menschen hier schon vor 400 Jahren. Nannten sie doch zwei Weinberge wegen ihres Kraushaar gleichenden Buschwerks Mohrenköpfe. Diesen folgte das Mohrenhaus, 1915 die Mohrenstraße, und diese – so boshaft ist man hier –  wurde jetzt noch um vier Grundstücke verlängert.