© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/21 / 26. März 2021

Der Bitcoin-Kurs überschritt die 60.000-Dollar-Schwelle
Digitaler Hype
Thorsten Polleit

Anfang 2012 kostete der Bitcoin fünf Dollar, vorige Woche waren es zeitweise über 60.000 Dollar. Ist die Kryptowährung nun die „größte Blase der Menschheitsgeschichte“? Oder revolutioniert das digitale Zahlungsmittel das weltweite Geldsystem? Angesichts immer neuer Preisrekorde und einer Marktkapitalisierung von mehr als einer Billion Dollar sind beide Fragen erlaubt. Angetrieben wird der Hype von mehreren Faktoren. Die Bitcoin-Schürfer rühren eifrig die Werbetrommel, denn sie verdienen prächtig, wenn der Preis steigt. Die Finanzindustrie bietet Futures, Optionen und Fondslösungen an, um die Handelbarkeit attraktiver zu machen. Und wenn Elon Musk mit seiner Firma Tesla Bitcoin kauft, steigt das Fieber noch mehr.

Für eher kleinteilige Zahlungstransaktionen hat sich der Bitcoin wohl etabliert. Doch kann er Dollar, Euro & Co. die Stirn bieten? Pro Tag können bei Vollauslastung des Bitcoin-Netzwerkes weltweit etwa 350.000 Transaktionen abgewickelt werden. Doch arbeitstäglich werden allein in Deutschland 75 Millionen Euro-Transaktionen durchgeführt. Zudem ist ein Geldwesen, das nur direkte Zahlungsabwicklungen zwischen den Handelspartnern vorsieht (Peer-to-Peer) unzureichend.

Das zeigt sich allein daran, daß viele ihre Bitcoins bei Handelsplattformen halten. Es gibt also auch bei Kryptoeinheiten Bedarf an Lagerungs-, Sicherungs- und Zahlungsabwicklungsdiensten. Eine moderne Volkswirtschaft braucht zudem leistungsfähige Kreditmärkte. Es gibt zwar Märkte, in denen Bitcoin als Pfand dient, um offizielle Währungen oder andere Kryptoeinheiten leihen zu können. Jedoch sind die Anforderungen und die Kreditzinsen sehr hoch. Ein wirklich effizienter Kreditmarkt kommt ohne spezialisierte Intermediäre (Kreditvermittler) nicht aus. Dies erfordert jedoch „Klarnamen“ der Kreditgeber und -nehmer. Spätestens dann also, wenn Transaktionen Individuen eindeutig zurechenbar sind, geht dem Bitcoin sein Anonymitäts-Wettbewerbsvorteil verloren, und er bekommt Konkurrenz, etwa von einem digitalisierten Gold- oder Silbergeld.

Ob Bitcoin zum Weltgeld aufsteigt, ist längst nicht entschieden. Auch wenn der Bitcoin-Preis durchaus weiter ansteigen kann, sollten sich Anleger eines bewußt machen: Der Bitcoin kennt nur eine Nachfrage: die Nachfrage zu Geld- beziehungsweise Spekulationszwecken. Sein „innerlicher“ Wert ist null. Sollte irgendwann eine bessere Kryptoeinheit auf den Markt kommen, kann sein Tauschwert auf null fallen. Anders bei einem Warengeld wie Gold und Silber. Daß sie zum Totalverlust werden, ist nahezu ausgeschlossen, weil stets beide eine nicht-monetäre Nachfrage (Schmuck, Technik) haben, die sie über Jahrtausende immer wieder unter Beweis gestellt haben.






Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Volkswirtschaftler und Präsident des Mises-Instituts.