© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/21 / 26. März 2021

Zwischen Dark Roast und Weißem Haus
50 Jahre Starbucks: Trotz Corona-Krise ist die US-Kaffeehauskette an der Börse so viel Wert wie VW
Thomas Kirchner

Wird Howard Schultz gegen Donald Trump antreten? Nach drei Jahrzehnten an der Spitze von Starbucks überlegte der Chairman emeritus 2019 ernsthaft, als US-Präsidentschaftsbewerber antreten. Der damals 66jährige heuerte Wahlkampfstrategen für eine eventuelle Kandidatur in der politischen Mitte an, zog sich aber zurück, als der demokratische Vorwahlkampf an Fahrt gewann. Überrascht hat das niemand. Bereits 2012 und 2016 kokettierte Schultz mit einer Kandidatur. 2015 initiierte er die Kampagne „Race together“, die Starbucks-Angestellte („Baristas“) dazu drängte, über Rassismus zu „debattieren“.

Angefangen hat all das in einer winzigen Marktnische im alten Hafen von Seattle. Dort gründeten am 30. März 1971 die beiden Lehrer Jerry Baldwin und Zev Siegl sowie der Schriftsteller Gordon Bowker 1971 eine kleine Kaffeerösterei, die angesichts der abgestandenen Brühe, die ansonsten als Kaffee angeboten wurde, zu einem „Geheimtip“ wurde. Als Schultz 1982 zu Starbucks kam, gab es nur zwei weitere Standorte in Seattle. Der damalige Vizechef von Hammarplast hatte die Idee, Espresso in den USA einzuführen.

Es war echte Pionierarbeit: Für Espressomaschinen bestand kein Vertrieb, erst recht kein Kundendienst. Noch unter dem Namen „Il Giornale“ 1986 eröffnete Schultz seine erste Kaffeehaus-Filiale. 1987 übernahm er Starbucks von den bisherigen Eigentümern – und das wurde ein durchschlagender Erfolg. Bereits 1992 folgte der Börsengang, bei dem der Konzern 271 Millionen Dollar zur Finanzierung des weiteren Wachstums einsammelte.

Überteuerter Kaffee mit Fair-Trade-Zertifikaten

Die Zahl der Filialen kletterte auf 31.000 in 78 Ländern. Nach der Finanzkrise 2008 wurde zwar jede zehnte US-Filiale geschlossen, und auch Corona überlebt nicht jeder Standort, doch inzwischen geht es wieder aufwärts. Beim Börsenwert (125 Milliarden Dollar) liegt Starbucks etwa auf VW-Niveau. Während McDonald’s, Pizza Hut & Co. auf Wachstum durch Franchisenehmer setzten, schaffte es Starbucks, mit angestellten Managern die gesamte Kontrolle über seine US-Filialen zu wahren. Nur die internationale Expansion wird mit lokalen Franchise-Partnern aufgebaut.

Der Erfolg liegt im Marketing: Statt in Werbung wird in eine Wohlfühlatmosphäre investiert, wo überteuerter Kaffee mit Fair-Trade-Zertifikat samt Sandwich oder Hörnchen bei sanfter Musik Glücksgefühle wecken soll. Und wie Apple landet die Marke Starbucks in Umfragen regelmäßig auf den vorderen Plätzen. Doch wer so viel Gutes tut, läuft Gefahr, von noch Eifrigeren überholt zu werden. Oxfam monierte, Starbucks zahle zu wenig für äthiopischen Kaffee. Zudem würde mehr Fair-Trade-Kaffee verkauft als angebaut wurde. McDonald’s kopierte mit seinen McCafés in Europa die gemütliche Atmosphäre. Und wie bei Dunkin’ Donuts oder Krispy Kreme Doughnuts gibt es Kaffee für einen Dollar. Starbucks bietet Kaffeekreationen von bis zu zehn Dollar pro Becher, und anders als bei Panera Bread gibt es kein „refill“. Nur beim „Drive-through“ muß sich Starbucks auf die Gewohnheiten der Pick-up- und SUV-Fahrer einlassen. Zahllose kleinere Kaffeeketten auf aller Welt haben das Konzept in verschiedenen Varianten kopiert. In China gab es zeitweise sogar eine Quasi-Kopie, die aber von den Behörden geschlossen wurde.

Auch die drei ursprünglichen Starbucks-Gründer, die zu Beginn von Schultz’ Expansionskurs ihre Anteile verkauft hatten, konkurrierten bald mit dem Original. Sie übernahmen Peet’s Coffee von Alfred Peet, von dem sie Anfang der 1970er Jahre das Rösten gelernt hatten. 2014 wurde die Firma vom aufstrebenden Kaffeeimperium JAB Holdings der deutschen Reimann-Familie für eine Milliarde Dollar übernommen. Selbst der Schweizer Gigant Nestlé kapituliert vor dem Röster aus Seattle: Starbucks-Kapseln in deutschen Supermärkten stammen von Nestlé unter einer Lizenz, die 7,15 Milliarden Dollar kostete.

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