© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/21 / 26. März 2021

Dorn im Auge
Christian Dorn

Als ich eine ältere Ausgabe von Christian Krachts Roman „1979“ in der Hand halte, fällt mein Blick auf ein vorangestelltes Zitat von Jean Baudrillard: „History reproducing itself becomes farce / Farce reproducing itself becomes history“. Das klingt clever, aber liegt der Hase da im Pfeffer? Jedenfalls erscheint mir dieser literarische Pop als fader Flop. Kurz darauf begegnet mir ein provokantes Motiv mit gestrecktem Mittelfinger gegen den heraufziehenden Impfzwang, das sich auf die Widerstandsbewegung der Weißen Rose beruft.


Daraufhin meldet sich bei mir der Leitspruch: „Als Starter ein Vakzin / Erst dann geht’s ins Maxim.“ Tatsächlich erinnert mich die Werbung des Bundesgesundheitsministeriums auf den Bahnhöfen an die sozialistischen Losungen zur Planerfüllung in der Spätphase der DDR, etwa das Motiv mit dem Spruch: „Wir lassen uns impfen. Aber Oma zuerst“ – gedanklich ergänze ich (angesichts jüngster Todesfälle): „Damit sie schneller wieder bei Opa sein kann.“ 

„Denk ich an Deutschland in der Nacht / hat Heine sich längst totgelacht“ – so mein Gedanke, als ich morgens im Deutschlandfunk den Schauspieler Sebastian Urzendowsky höre (der Neonazi Uwe Böhnhardt im Doku-Drama „Mitten in Deutschland“). Ganz im Bann von „Babylon Berlin“ sei ihm „echt gruselig“, sehe er doch mit der AfD „sehr beängstigend(e) Parallelen“ mit der damaligen Zeit. Einer von uns muß hier wirklich im falschen Film sein.


Wie bei Uwe Boll mit seinem angekündigten Hanau-Film, dessen Ausstrahlung – getreu den Regularien der Cancel Culture – verhindert werden muß, so etwa die Forderung eines Regisseurs, der sich bevorzugt der RAF gewidmet und im Film „Ökozid“ die anthropogene Klimaerwärmung durch Deutschland in die Tradition des Holocausts gestellt hat. Im selben Augenblick liegt es mir auf den Lippen: „Zum Filmverbot sein Teil / Trägt bei Andreas Veiel. // Gewalt ist voll / Der Uwe Boll. // Korrekte Kunst, ganz ohne „error“ / Ist nur bei linksextremem Terror.“