© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/21 / 26. März 2021

Lektionen für Kanada
Zeitzeugeninterviews suchen einen Übersetzer
Martina Meckelein

Irmgard Stegners Leben ist selbst ein Buch wert: geboren und aufgewachsen in München, ausgewandert nach England, 1977 nach Kanada, Mutter zweier Söhne. Seit vier Jahren wohnt die 81jährige wieder in ihrer bayrischen Heimat. Die Anthropologin begann sich, als sie in Ottawa lebte, für die Kriegserlebnisse der deutschen Auswanderer zu interessieren. Jetzt will sie deren Erinnerungen in einem Buch veröffentlichen – dafür braucht sie Hilfe.

„Alles begann Anfang der neunziger Jahre“, erzählt sie. „Ich war Mitglied in verschiedenen deutschsprachigen Vereinen in Kanada. Dort engagierten sich auch viele Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg eingewandert waren.“ Stegner begann Literatur und Zeitungen speziell zu diesem Thema zu lesen. „Ich war erstaunt, denn was die Deutschen erzählten, fand in der kanadischen Presse gar kein Echo. Dabei leben eine Million Deutschstämmige in Kanada. Immer wieder hörte ich sie sagen, daß ihre Sicht der Dinge niemanden interessieren würde.“ Doch Stegner wollte zuhören. Zehn Jahre lang interviewte sie Zeitzeugen. „Zwei Drittel von ihnen waren Wehrmachtssoldaten. Deutsche, aber auch Ukrainer und Esten. Die meisten waren stolz auf ihre Leistungen im Krieg. Ein Drittel waren Flüchtlinge. Ganze Familien, aber auch Frauen, die zuvor von Sowjets verschleppt worden waren.“

Die Deutschen wurden von Kanada gezielt rekrutiert. „Sie galten als fleißig und sehr gut ausgebildet“, sagt Stegner. Wer seine Überfahrt selbst finanzierte, durfte sich ansiedeln, wo er wollte. Wer sie sich vom kanadischen Staat bezahlen ließ, bekam Vorgaben, wo er seßhaft werden durfte und mußte die Reisekosten zurückzahlen. „Ich sage immer, diese Leute katapultierten durch ihre Leistung das Land erst ins 20. Jahrhundert.“ Zwar waren die Deutschen als Arbeitskräfte hochangesehen, „doch in der Presse wurden sie weiter als das Böse schlechthin dargestellt“. Bis heute präge dieses Deutschenbild die kanadische Öffentlichkeit. „Die Veröffentlichung der Kriegserlebnisse dieser Zeitzeugen würde viele Vorurteile über die Deutschen widerlegen“, ist sie sich sicher. 

Das Buch soll zuerst auf englisch erscheinen. Dafür sucht Irmgard Stegner jemanden, der die deutschsprachigen Interviews ins Englische übersetzen kann. Anschließend soll eine Ausgabe auch auf deutsch erscheinen. Von ihrer Rente könnte sie lediglich Reise- und Unkosten bestreiten. Wer kann helfen? 

Zuschriften per Mail an den Verlag:  meckelein@JUNGEFREIHEIT.de