© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 13/21 / 26. März 2021

Kabinenklatsch
Schiedsrichterbeleidigung oder Diskriminierung?
Ronald Berthold

Können Sie sich noch an Heiko Vogel erinnern? Mit dem FC Basel sorgte der deutsche Coach für Aufsehen, als er nicht nur die Schweizer Meisterschaft und den Pokal gewann, sondern in der Champions League auch noch Manchester United und den FC Bayern schlug. Gut neun Jahre ist das her. Jetzt ist er Viertliga-Trainer und der derzeit bekannteste Sexist Deutschlands.

In einem offenen Brief machen Spielerinnen der Frauen-Bundesligen gegen Vogel Front. Was ist passiert? Eigentlich nichts Besonderes. Der 45jährige ärgerte sich über die Schiedsrichterleistungen bei einer Partie der von ihm betreuten zweiten Mannschaft von Borussia Mönchengladbach und rief in der Aufregung eine Sache, die ihm kurz danach leid tat. Allerdings handelte es sich um Damen, die das Männer-Spiel leiteten. Und das macht den Vorfall sehr, sehr schlimm.

Der Fall soll jetzt noch einmal „lückenlos aufgearbeitet und geprüft werden“.

Was Vogel genau gesagt hat, weiß außer den Beteiligten keiner genau. Irgend etwas mit Frauen und Fußballplatz, „darüber hinaus aber nichts persönlich Beleidigendes“, wie Gladbach-Manager Max Eberl sagt. Kurz darauf eilte Vogel in die Schiedsrichter-Kabine und bat um Entschuldigung. Half nichts. Der Trainer wurde für gleich zwei Spiele gesperrt.

Um sich besonders sensibel zu zeigen, bat der Verein den Verband, in das Urteil aufzunehmen, daß Vogel sechs Trainingseinheiten einer Frauen-Mannschaft der Borussia leiten werde. Nun gehen die weiblichen Kicker und DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg auf die Barrikaden. Das Training von Frauen sei „keine Strafe“. Gladbach und der Verband bekämpften Sexismus mit Sexismus. Dabei wollte der arme Vogel nur zusätzlich einen Kniefall vor dem gesellschaftlichen Klima machen.

Das ging nach hinten los. Denn wegen des empörten Briefes soll der Fall noch einmal „lückenlos aufgearbeitet und geprüft werden“ und ein neues Urteil gefällt werden. Handelt es sich vielleicht nicht um eine „normale“ Schiedsrichterbeleidigung, sondern um „Diskriminierung“? Dann droht Vogel eine längere Verbannung. Vielleicht sogar in die Schweiz.