© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/21 / 02. April 2021

Wettlauf mit den Briten und der Schlammperiode
Vor achtzig Jahren begann Deutschland den Balkanfeldzug gegen Jugoslawien und Griechenland
Thomas Schäfer

Am 17. August 1940 erklärte der deutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop seinem italienischen Amtskollegen Graf Galeazzo Ciano, daß der „Führer“ strikte „Ruhe auf dem Balkan“ wünsche und daher einen Feldzug der Streitkräfte Roms gegen Griechenland und Jugoslawien ablehne. Dennoch ließ Mussolini rund 155.000 seiner Soldaten, die in dem seit 1939 von Italien besetzten Albanien standen, am 28. Oktober 1940 in Griechenland einmarschieren. Allerdings scheiterte der „Blitzkrieg“ des Duce bereits wenige Tage später, während zugleich die Gefahr eines stärkeren britischen Engagements in Griechenland wuchs, welches wiederum eine potentielle Bedrohung der kriegswichtigen rumänischen Erdölfelder für das Deutsche Reich darstellte.

Aus diesem Grunde unterzeichnete Hitler am 12. November 1940 die Weisung Nr. 18, der zufolge das Oberkommando des Heeres Vorbereitungen zu treffen habe, „um im Bedarfsfall aus Bulgarien heraus das griechische Festland (…) in Besitz zu nehmen.“ Und einen Tag später erteilte er noch die Weisung Nr. 20 zu den Details dieses „Unternehmens Marita“.

Kurz darauf kam es zu einem emsigen diplomatischen Ringen. Churchill versuchte der Regierung in Athen die Verlegung größerer britischer Truppenverbände auf das griechische Festland schmackhaft zu machen, was bei dem deutschfreundlichen Premierminister Ioannis Metaxas jedoch nichts fruchtete. Doch dann starb der De-facto-Diktator plötzlich am 29. Januar 1941 unter mysteriösen Umständen an einer Mandelentzündung, wonach die neue griechische Führung der Stationierung britischer Streitkräfte zustimmte. Diese „Operation Lustre“ begann am 4. März.

Parallel hierzu wirkte Berlin auf Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Jugoslawien ein, dem Dreimächtepakt zwischen Deutschland, Italien und Japan beizutreten. Im Falle Ungarns und Rumäniens führte das noch im November 1940 zum Erfolg. Bulgarien ließ sich Hingegen bis zum 1. März 1941 Zeit und Jugoslawien bis zum 25. März. Dem folgte am 27. März ein von Großbritannien unterstützter Staatsstreich in Belgrad, welcher Jugoslawiens Loyalität gegenüber der „Achse“ sogleich wieder massiv in Frage stellte. Als Konsequenz hieraus faßte Hitler noch am selben Tage den Entschluß, das Balkanland „militärisch und als Staatsgebilde zu zerschlagen“, woraus die Weisung Nr. 25 resultierte, die nun einen parallelen Vorstoß gegen Jugoslawien und Griechenland anordnete.

Der deutsche Balkanfeldzug begann am 6. April 1941. Beteiligt daran waren die 2. Armee unter Generaloberst Maximilian von Weichs, die 12. Armee unter Generalfeldmarschall Wilhelm List sowie die Panzergruppe 1 unter Generaloberst Ewald von Kleist. Dazu kamen die 3. ungarische und die 9. und 11. italienische Armee. Aufgrund ihrer militärischen Unterlegenheit und der vollkommen unzureichenden Unterstützung durch die Briten mußten Jugoslawien und Griechenland bereits am 17. beziehungsweise 23. April kapitulieren, woraufhin die Royal Navy am 24. April mit der „Operation Demon“ begann und binnen sechs Tagen 50.672 Soldaten des Empire nach Kreta oder Ägypten evakuierte.

Nach dem Abschluß der Besetzung des kompletten griechischen Festlandes einschließlich des Peloponnes wurde Griechenland in drei Besatzungszonen aufgeteilt, in denen deutsche, italienische und bulgarische Truppen verblieben: Italien erhielt den größten Teil des Festlandes mitsamt Athen sowie zahlreiche Inseln in der Ägäis und dem Ionischen Meer, Bulgarien annektierte Ostmakedonien und Westthrakien, wohingegen Deutschland sich auf die Kontrolle über einige wenige strategisch bedeutsame Gebiete beschränkte, wie Thessaloniki mitsamt Hinterland, den thrakischen Grenzstreifen zur Türkei, den Hafen von Piräus, die Inseln Lemnos, Lesbos und Chios vor der türkischen Küste.

Jugoslawien wurde territorial zerstückelt

Jugoslawien wiederum wurde – so wie von Hitler gewollt – in diverse Einzelteile zerstückelt. Da war zum ersten der unabhängige Staat Kroatien, ein Vasall der Achsenmächte, der auch Slawonien, Syrmien, fast ganz Dalmatien, Bosnien und die Herzegowina kontrollierte. Slowenien wurde zwichen Italien und dem Deutschen Riech aufgeteilt. Dazu kamen Rest-Serbien in den Grenzen von 1912, das fortsn unter deutscher Militärverwaltung stand, sowie die von Serbien abgetrennten Teile, nämlich die Südbaranja, die Batschka und einige Regionen Westmazedoniens, welche an Ungarn und Bulgarien gingen.

Gemeinsam mit dem Afrikafeldzug verzögerte der von Hitler zunächst nicht gewollte Balkanfeldzug den Beginn des „Unternehmens Barbarossa“, also des Einmarsches in die Sowjetunion, um mehrere Wochen. Inwieweit das negative militärische Folgen zeitigte, ist unter Historikern aber umstritten. Manche verweisen auf die Rasputiza, also die Schlammperiode, welche sowieso kaum größere Kampfhandlungen vor Juni 1941 erlaubt hätte. Hingegen bestehen keine Zweifel daran, daß die britische „Operation Lustre“ ein kompletter Fehlschlag war und das Renommee des Empire auf dem Balkan nachhaltig untergrub. Außerdem schwächte die Truppenverlegung auch die britischen Positionen in der Mittelmeerregion, was zu einem Verlust Ägyptens und damit des strategisch wichtigen Suezkanals hätte führen können.