© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 14/21 / 02. April 2021

Die Politik vor sich hertreiben
Christian Drostens Fehler
Felix Dirsch

Die Pandemien des frühen 21. Jahrhunderts haben ein gemeinsames Gesicht: Der Virologe Christian Drosten hat von Sars über die Vogelgrippe bis Covid-19 vielbeachtete Expertisen erstellt: nicht selten solche der Ratlosigkeit. 

Was bewegt den obersten Seuchenwächter der Nation? Der Journalist Walter van Rossum legt minutiös die Schwachstellen der Analysen des Leiters der virologischen Abteilung der Berliner Charité offen. Schwarz auf weiß ist nunmehr dokumentiert, wie oft er sich in seiner Einschätzung korrigieren mußte. Dennoch treibt er – zusammen mit dem Leiter des Robert-Koch-Instituts – die Politik vor sich her. Zum wichtigen Gegenstand der Erörterungen zählt der PCR-Test, den er am Computer entworfen hat, noch ehe man den ersten Covid-19-Kranken hierzulande gesichtet hat. Zu den entscheidenden Schwächen des Tests zählt seine primär politische Validierung, die in der Tatsache begründet liegt, daß den Verunsicherten eine gewisse Sicherheit gegeben werden sollte.

Van Rossum geht auch auf die globale Dimension des Katastrophengeschehens ein, die mittlerweile oft beschrieben worden ist. Aus der Tatsache, daß es diverse Planspiele schon in den letzten Jahren über Seuchen-Szenarien gegeben hat, kann man nicht unbedingt eine „plandemische“ Strategie ableiten. Nachdenklich macht es dennoch, wenn man etwa die Fixierung auf die Biosecurity in den USA betrachtet. 

Doch die interessante Studie geht weit über ihr zentrales Analyseobjekt hinaus. Das letzte Kapitel behandelt weltweite Folgerungen aus der großen Zäsur, von denen die Forderung nach einem „Great Reset“ hervorsticht. Gewiß ist es unsinnig, im Davoser Weltwirtschaftsforum Drahtzieher der größten Krise seit 1945 zu sehen, woraus aber nicht abzuleiten ist, daß Klaus Schwab, der Leiter der Einrichtung, nicht als einer der vielen Nutznießer gelten kann. 

Ein Neustart nach Corona muß nicht schlecht sein. Doch so, wie ihn namhafte Globalisten beabsichtigen, dürfte er kaum zum Segen der Menschheit gereichen. Van Rossum faßt den Erkenntnisstand hervorragend zusammen und setzt mit seinen Schlußfolgerungen Maßstäbe. 

Walter van Rossum: Meine Pandemie mit Professor Drosten. Vom Tod der Aufklärung unter Laborbedingungen. Verlag Rubikon, Neuenkirchen 2021, gebunden, 253 Seiten, 20 Euro