© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/21 / 09. April 2021

Aufgeschnappt
Entnazifizierter Nordpol
Matthias Bäkermann

Dora, Ida, Nordpol: So buchstabiert sich die DIN 5009 nach den darin zuletzt 1983 festgeschriebenen Regeln für das Phonodiktat. Bereits seit Jahren macht dagegen der Antisemitismusbeauftragte von Baden-Württemberg, Michael Blume, mobil, der für 2022 sogar eine „endgültige Entnazifizierung“ beim Deutschen Institut für Normung angeregt hat. „Die Nazis tilgten aus der Buchstabiertafel alle jüdischen Namen. Aus Samuel wurde Siegfried, aus Nathan Nordpol, aus Zacharias Zeppelin. So buchstabieren viele Deutsche bis heute, ohne den historischen Hintergrund zu kennen“, belehrt der 44jährige Religionswissenschaftler im aktuellen Spiegel (14/21). Ab kommendem Jahr wird diese Regelung aber komplett umgestellt, verrät Blume aus dem neuen Normentwurf der DIN-Expertenkommission. 

Künftig werden wir demnach auch von anderen Buchstabierhilfen wie Theodor, Heinrich, Ida oder Otto Abschied nehmen müssen. „Mit Vornamen werden wir der Vielfalt der deutschen Bevölkerung nicht mehr gerecht“, so Blume. Statt dessen werden wohl deutsche Städtenamen verwendet. Man müsse aber aufpassen, daß diese nicht zu ähnlich klingen, um Verwechselungen in Notsituationen zu vermeiden. Wichtig sei bei der Umstellung nur, „daß die Nazis nicht das letzte Wort haben“.