© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/21 / 09. April 2021

Absage der Woche
Hineinfühlen und eindenken
Björn Harms

Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus in Hannover sollte ursprünglich Ende März eine Diskussionsveranstaltung zum Thema Kolonialzeit abgehalten werden. Geladen war der renommierte Afrikaexperte und Historiker Helmut Bley, der sich seit den 1960er Jahren aktiv für eine Aufarbeitung der Kolonialzeit einsetzt. Doch laut Bley sei ihm bereits in einem Vorgespräch durch eine Vertreterin der „Initiative für Diskriminierungssensibilität und Rassismuskritik“ (IDiRa), die gemäß Planung auf einem Podium mit ihm diskutieren sollte, nachdrücklich erklärt worden, „daß ich als ‘alter, weißer Mann’ mich gar nicht in afrikanische Verhältnisse hineindenken und einfühlen könnte“. Die Stadt knickte aufgrund der Proteste schließlich ein und sagte die Veranstaltung wegen eines „nicht tragfähigen Gesprächsformats“ ab. Am Montag widersprach die IDiRa in einer Stellungnahme der lautgewordenen Kritik an ihrem Verhalten. Zwar dürften sich weiße Menschen durchaus zu dem Thema äußern, allerdings sollten sie „ihre eigene Positionierung in dem Kontext reflektieren“. Bei Bley habe man „nicht den Eindruck gehabt, daß dies der Fall ist“. Zudem hätte zu dem Zeitpunkt „keine Schwarze Person Kapazitäten“ für eine Teilnahme gehabt. Die Kritik an ihnen beweise vielmehr ein fortwährendes Problem, nämlich „die mangelnde Auseinandersetzung mit dem eigenen Weiß-Sein“.