© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/21 / 09. April 2021

Kampfbegriff übernommen
„Bundesstiftung Gleichstellung“: Ein neues Projekt der Bundesregierung soll gleichstellungspolitische Themen vorantreiben
Ronald Berthold

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion weiß man, es werde sich um „eine linksgrüne Vorfeldorganisation“ handeln. Trotzdem ist die „Bundesstiftung Gleichstellung“ so gut wie beschlossene Sache der CDU-geführten Bundesregierung. Die Grünen jubilieren bereits, daß der „Rückfall in traditionelle Familienvorstellungen“, der sich in der Corona-Krise entwickelt habe, nun bekämpft werden könne. Am nächsten Donnerstag soll der Bundestag dem Gesetzentwurf der Großen Koalition zustimmen.

Das Vorhaben ist nicht billig. Bis 2024 fließen 18,8 Millionen Euro Steuergelder in die Stiftung. 33 Arbeitsplätze sind eingeplant. Das Bundesinstitut soll keine eigene Forschung betreiben. Als Stiftungszweck werden „Zusammentragen, Aufbereiten und Bereitstellen von Informationen“ genannt. Im Bedarfsfall sollen Studien beauftragt werden. Ansonsten gehe es um „Begleitung und Unterstützung des bundesweiten öffentlichen Diskurses zu gleichstellungspolitischen Themen“. Offen gibt die federführende SPD zu, daß es ihr vor allem um „Vernetzung“ feministischer Aktivistinnen geht.

Schon im vergangenen Jahr erhielten diverse linke Organisationen insgesamt 655.000 Euro, um die Vorbereitungen einzuleiten. Der Löwenanteil mit 431.000 Euro entfiel auf das „Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik“, als dessen Direktor das SPD-Mitglied Benjamin Landes fungiert. Die Bundesregierung bezahlt damit die „strategische Beratung beim Aufsetzen einer Gleichstellungsstrategie“.

Für die „Untersuchung und Erarbeitung eines deutschlandweiten Grundkonsenses zur erfolgreichen Implementierung gesellschaftlicher Gleichstellung“ erhielt die feministische Organisation „Frauen aufs Podium“ 102.000 Euro. Selbst ein Projekt „zur praxisnahen Anwendung geschlechtergerechter Sprache“ förderte die Regierung im Vorfeld mit 7.000 Euro.

Geld wurde ausgezahlt, ohne zu wissen, wofür

Zu diesem Zeitpunkt räumte das Merkel-Kabinett auf eine Anfrage der FDP-Fraktion ein: „Zu den konkreten Zielen des Bundesinstituts gibt es noch keine Festlegungen.“ Im Klartext: Die Regierung schüttete ihr Füllhorn über „Nichtregierungsorganisationen“ aus, ohne zu wissen, wofür. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung beschreibt für die angeblich fehlende Gleichstellung von Frau und Mann ausschließlich eine Lösung: „Errichtung einer rechtsfähigen bundesunmittelbaren Stiftung des öffentlichen Rechts (‘Bundesstiftung Gleichstellung’) durch den Bund.“ Unter „Alternativen“ steht nur ein Wort: „Keine.“

Doch das sehen nicht alle so. AfD-Fraktionsvize Beatrix von Storch bezeichnet die Stiftung gegenüber der JUNGEN FREIHEIT als „ideologischen Sondermüll“. Es stelle sich innerhalb der linken Logik die Frage: „Wenn doch jeder selbst entscheiden kann, welches Geschlecht er hat, wer kommt dann in den Genuß der Gleichstellung? Kurz: alles Quatsch. Kann weg.“ Im Bundestag kritisierte der AfD-Abgeordnete Thomas Ehrhorn, die Bundesregierung schaffe weitere Stellen für „linke Absolventen“ von eigentlich in die Arbeitslosigkeit mündenden Studiengängen. Der Gesetzentwurf vermische die „Begriffe Gleichberechtigung und Gleichstellung“. Das Ziel der Chancengleichheit verlange nicht, daß die Politik „Ergebnisgleichheit, also eine Geschlechterparität 50 zu 50“, herbeiführen solle.

Nur wenige CDU-Politiker trauen sich, ihre Ablehnung zu formulieren. Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel schreibt in Tichys Einblick: Der Bundestag werde mit der Stiftung „seine Kompetenz aus den Händen geben – an eine linksgrüne Vorfeldorganisation“. Sie kritisierte, daß der Stiftungsauftrag „Gleichstellung“ nicht dem Verfassungsauftrag „Gleichberechtigung“ entspreche. Daß seine Partei den linken Kampfbegriff „Gleichstellung“ übernommen habe, ärgert auch Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß: „So kehrt man als CDU teilweise davon ab, auf die individuellen Stärken und Schwächen jedes einzelnen abzustellen“, monierte er in der NZZ. Ploß fordert, zum Leistungsprinzip zurückzukehren und Menschen nicht nach äußeren Merkmalen zu bewerten. 

Ministerin Franziska Giffey (SPD), die für den Gesetzentwurf verantwortlich ist, umschreibt das Tätigkeitsfeld der Stiftung wie ein feministisches Kaffeekränzchen: „Die Stiftung wird ein offenes Haus werden, in dem sich Menschen treffen, vernetzen und bestärken.“ In einer Pressemitteilung benannte sie ihr Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in „Bundesgleichstellungsministerium“ um. Giffeys Parteigenossin Josephine Ortleb schob im Bundestag hinterher: „Wir wollen die Gleichstellung in die Köpfe aller Menschen bringen.“ Die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws beklagte zudem eine „Retraditionalisierung“. Der Rückfall in traditionelle Familienvorstellungen sei „im Alltag der Menschen während Corona angekommen – das ist ärgerlich“. Die Stiftung wäre in dieser Lesart ein Instrument, um Familien zu disziplinieren, nach dem politisch gewünschten Weltbild zu leben.