© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/21 / 09. April 2021

Eine Schule probt den Scharia-Kotau
England: Ein Religionslehrer muß wegen Mohammed-Karikaturen um sein Leben fürchten
Julian Schneider

Seit fast zwei Wochen hält sich ein Religionslehrer aus Nordengland mit seiner Familie unter Polizeischutz versteckt. Er erhielt Todesdrohungen, nachdem er in einer Klasse zum Thema Blasphemie eine der Mohammed-Karikaturen der Zeitschrift Charlie Hebdo gezeigt hatte. Sie hätten große Angst, daß sie „alle getötet werden“, erklärte sein Vater britischen Medien. In Frankreich war vor einem halben Jahr der Lehrer Samuel Paty von einem radikalen jungen Muslim enthauptet worden, nachdem er Zeichnungen des islamischen Propheten im Unterricht besprochen hatte.

Mit dem Aufruhr um den Lehrer der Batley Grammar School in West Yorkshire hat nun auch Großbritannien eine Mohammed-Karikaturenkontroverse. Die Schule war sofort eingeknickt. Gymnasialdirektor Gary Kibble bat „uneingeschränkt“ um Entschuldigung für die Verwendung des „völlig inakzeptablen“ Unterrichtsmaterials. 

Bildungsminister verurteilte die Drohungen der Muslime

Auch der Lehrer gab schriftlich zu Protokoll, er wolle sich „aufrichtig entschuldigen“. Viel kritisiert wird die Schule, weil sie den Lehrer suspendiert hat, während der Fall untersucht wird. Die Schule mache einen Kotau vor Scharia-Vorschriften, lautete der Kommentar in einigen Medien. In der nordenglischen Region leben sehr viele Muslime, laut der Ramadhan-Stiftung gibt es an der Schule etwa 70 Prozent muslimische Schüler.

Erst beschwerten sich Eltern, dann marschierten an zwei Tagen Demonstranten vor das Schultor, teils in religiösen Gewändern gekleidet, die lautstark gegen die „Beleidigung“ ihres Propheten protestierten. Der Muslimverein „Purpose of Life“ veröffentlichte den Namen des Lehrers im Internet und schrieb, er dürfe nie wieder unterrichten wegen seines „sadistischen“ Vergehens. „Terrorismus gegen den Islam“ sei das gewesen, polterte Mohammad Hussain, der Vorsitzende des Vereins. Bildungsminister Gavin Williamson verurteilte die Drohungen gegen den Lehrer als völlig inakzeptabel. Allerdings vermied er eine klare Aussage zu den Mohammed-Karikaturen und sprach nur von der Notwendigkeit eines „ausgeglichenen“ Unterrichts.

Die Entschuldigung der Schule für das Zeigen von Mohammed-Bildern hat in der britischen Presse einige Kritik ausgelöst. „Es ist an der Zeit, daß die Liberalen endlich etwas Rückgrat zeigen und aufhören, mit den Eiferern zu schmusen“, schrieb etwa Matthew Syed in der Times. „Die Islamisten-Rhetorik soll einschüchtern“, kritisierte Charles Moore im Telegraph. Man dürfe sich dem nicht beugen. 

Von Labour und den Lehrergewerkschaften war auffällig wenig zum Fall Batley zu hören. Die linken Gewerkschaften, die sonst laut über Rassismus und Islamophobie klagen, blieben hier merkwürdig leise.