© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/21 / 09. April 2021

Grüße aus Paris
Am besten Luft anhalten
Katharina Puhst

Die Metro prescht heran, und das ohrenbetäubende Quietschen ihrer Bremsen setzt ein. Jetzt werden also die vielen Feinstaubpartikel freigesetzt, die den Umweltverband Respire zu dem Strafantrag gegen das Pariser Verkehrsnetz RATP (Régie Autonome des Transports Parisiens) veranlaßt haben. Die Vorwürfe „arglistige Täuschung“ sowie „fahrlässige Körperverletzung“ stehen im Raum. Die Luft in den Untergrundbahnen sei höchst verschmutzt, und die Passagiere seien     unzureichend darüber aufgeklärt, heißt es von seiten des Umweltverbands. Es wird nicht mehr lange dauern, bis ein Psychologe einen Zusammenhang zwischen diesen gesundheitsschädlichen Luftpartikeln und den abwechselnd grimmigen und müden Gesichtsausdrücken der Einwohner herstellen wird. 

Auf dem Weg zur Arbeit zwänge ich mich in die Metro, genau wie die andere vier Millionen Fahrgäste, die täglich auf das unterirdische Verkehrsnetz angewiesen sind. Intimität oder Abstandsregeln gibt es hier nicht, dafür bekommt man im Sommer Duftwolken des edlen „Eau de Achsel“ zu schnuppern. Frankreichs Hauptstadt ist mit dem Auto kaum noch zu durchqueren, ohne in von wildem Hupen begleitete Staus zu geraten. In den Ameisengängen der Metrostationen gibt es hingegen echte Sehenswürdigkeiten, für die es sich noch lohnen würde, Eintritt zu verlangen.

Oben ragt die renommierte Einkaufsmeile empor, unten rinnt das Wasser.

In der zentral gelegenen Haltestelle Auber hing bis vor kurzem noch Schimmel in Form von Stalaktiten von den Decken und erinnerte an die Teufelshöhle in Pottenstein. Über der Haltestelle ragt die Pariser Einkaufsmeile mit renommierten Kaufhäusern wie den Aushängeschildern Galeries Lafayette und Printemps empor. Darunter, in der Untergrundstation, war alles von Feuchtigkeit durchzogen. 

Ich möchte gar nicht an die Vielzahl der Giftsporen denken, denen unsere feinen Näschen ausgesetzt waren. Damit ist jetzt aber Schluß: Die Metrostation wird endlich renoviert, und leuchtendes Weiß kleidet mittlerweile das Deckengewölbe. Hoffentlich hält die Farbe. Hier erweist sich die durch die Corona-Pandemie bedingte Maskenpflicht als positiv. Vielleicht schauen wir uns noch etwas von Chinas Großstädten ab, wo das Masketragen angesichts des Feinstaubs schon lange etabliert ist. Zumindest solange, bis die RATP die alten Bremsen durch elektrische ersetzt hat und die Metrostationen gereinigt sind.