© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/21 / 09. April 2021

Frisch gepresst

Arbeit. Das Vermögen der Vermögenden wächst, während das der Nicht-Besitzenden gleichbleibt oder sogar abnimmt. Die Folgen der Corona-Pandemie, vor allem die enorme Ausweitung der Geldmenge, haben diesen Trend beschleunigt. Ein berechtigtes Ansinnen ist es da, die Frage zu stellen, ob fleißige Arbeit heute in Deutschland finanziell ausreichend gewürdigt wird. Die mehrfach ausgezeichnete Journalistin Julia Friedrichs geht in ihrem neuen Buch „Working Class: Warum wir Arbeit brauchen, von der wir leben können“ dieser Frage nach. Anstatt unpopuläre, aber erprobte Werkzeuge der Ökonomie in der heutigen Lage zu diskutieren, beschränkt sich das Werk aber größtenteils in einer Sozialreportage, die zwar lebendig geschrieben ist, aber in gleicher Machart jährlich in der Weihnachtszeit in beinahe jeder Zeitung zu lesen ist. Die eingestreuten Politiker- und Expertengespräche sind so gewählt, daß sie zum anklagenden Sound in dem Buch passen. Einem Werk, das der saturierte Bundesdeutsche gern mit einem guten Barolo in seiner renovierten Altbauwohnung liest, um sein schlechtes Gewissen aufzufrischen. (ls)

Julia Friedrichs: Working Class: Warum wir Arbeit brauchen, von der wir leben können. Berlin Verlag. Berlin 2021, gebunden, 320 Seiten, 22 Euro





Geschlechterregime. „Vielfalt“ ist längst zu einem Leitbegriff des öffentlichen Lebens geworden. So kann heute jeder – oftmals begleitet vom Applaus aus Politik, Medien und Werbung – selbst entscheiden, ob er Männlein, Weiblein oder etwas ganz anderes sein möchte. Die Theorie, es gebe neben Mann und Frau zahlreiche weitere Geschlechter, hält die Literaturwissenschaftlerin Bettina Gruber aber für alles andere als bereichernd. Das „voluntaristische Konzept“ leugne eine der elementarsten Tatsachen menschlicher Existenz: die Bezogenheit der Geschlechter aufeinander. Daraus folge die drohende Zerstörung traditioneller Familienstrukturen. Die Weltanschauung sei zudem höchst sexistisch, denn „klassisch männlich“ zu sein, werde heute als „toxisch“ verunglimpft. Gruber zeigt eindrücklich, daß es sich bei der Entwicklung nicht um ein Randphänomen handelt, sondern entsprechende Kräfte die Gesellschaft bereits formen und stetig an politischer Macht gewinnen. (zit)

Bettina Gruber: Leben unterm Regenbogen. Das neue Geschlechterregime und seine Folgen. Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Neuruppin 2020, broschiert, 216 Seiten, 20,00 Euro