© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 15/21 / 09. April 2021

Leserbriefe

Zu: „Immer mehr Zweifel am Lockdown“ von Mathias Pellack, JF 14/21

Mittel der Machtausübung

Die Verschärfung und Wiederholung wirkungsloser Maßnahmen wird mit der vorherigen Wirkungslosigkeit derselben begründet. Welch ein Irrsinn! Es geht längst nicht mehr nur um die Bekämpfung der „Pandemie“, es geht darum, die Menschen in Panik und Zukunftsangst zu halten. So kann man sie besser kontrollieren. Dieses Mittel der Machtausübung, in Verbindung mit der Diffamierung berechtigter Kritik, werden die etablierten Machthaber nicht so schnell aus der Hand geben. Sie können sich auf die Obrigkeitshörigkeit und den Gehorsam der Deutschen verlassen. Merke: Die Geschichte lehrt uns: Wer jetzt auf die Ausübung seiner grundgesetzlich garantieren Meinungsfreiheit verzichtet, wird diese verlieren und vielleicht nicht wiederbekommen.

Heinz J. Leusch, Zell






Zu: „Rechtschreibrat eiert herum“ von Thomas Paulwitz, JF 14/21

Es ist die Schwäche der Männer

Ein Bereich, in dem die Aktivisten der Identitätspolitik sich besonders breitgemacht haben, ist der Feminismus.Eine besonders beliebte Spielwiese dieser Ideologie ist die Sprache, die man durch unnötige Sexualisierung (Kapitän und Kapitänin) und abenteuerliche Sprech- und Schreibvorschriften (Bauarbeiter:innen) glaubt verschandeln zu dürfen. Was erstaunt, ist der Mangel an Gegenwehr von seiten der Geschädigten. Geschädigt sind zunächst einmal alle Mitglieder der deutschen Sprachgemeinschaft. 

Erfreulich ist, daß sich etliche prominente Frauen mehr oder weniger deutlich distanzieren. Sie wissen, daß die Wahrnehmung gegenderter Texte sich zwischen den Polen unästhetisch und unleserlich bewegt, und wer mit Hirn und Verstand läßt sich schon sein wichtigstes Arbeitsmedium, die Sprache, ohne Gegenwehr entreißen? Was wirklich erstaunt, ist die mangelnde Gegenwehr der Männer. Sie sind die Hauptgeschädigten, denn ihres schädlichen Einflusses auf die Sprache wegen „mußte“ das Gendern überhaupt erst erfunden werden. Einige Prominente gendern mit Freude und Überzeugung, wie Claus Kleber, der Moderator des „heute-journals“ im ZDF. Andere vermeiden möglichst Situationen, in denen sichtbar wird, daß sie ungern gendern. Die breite Masse aber wehrt sich überhaupt nicht. Warum macht kein Talkshowgast bei Anne Will oder in anderen Talkshows den Gen­derneusprech zum Thema? Oder benutzt ostentativ das generische Maskulinum? Die feministischen Sprachverdreher wissen, daß die Stärke der Frauen aus der Schwäche der Männer resultiert, die sich am Gängelband bereitwillig durch die Manege führen lassen.

Bernhard Winters, Hamm






Zu: „Fortgesetzter Lockdown / Einfallsloser roter Knopf“, JF 13/21

Lauterbach-Praxis Deutschland

Dem Prinzip „Und täglich grüßt das Murmeltier!“ entsprechend erlebt der interessierte Zuschauer – gefühlt mindestens einmal täglich – die Auftritte desjenigen Protagonisten der Apokalypse, der – derzeit offenbar im Fernsehgerät dauerwohnhaft – dem Corona-Geschehen in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit namens der SPD das Gesicht verleiht: Prof. Dr. Karl Lauterbach, dessen angebliche wissenschaftliche Qualifikation zumindest ungewöhnlich genannt werden dürfte. So befand etwa der Historiker Michael Wolffsohn, daß er die – jahrelang verschlossen gehaltene – Harvard-Abschlußarbeit Lauterbachs, die diesen zum Professor macht, nicht einmal als Seminararbeit akzeptiert hätte. Nicht zu vergessen die dubiose Lobbyarbeit Lauterbachs für die Einführung gefährlicher Medikamente und Lebensmittel, die schließlich vom Markt genommen werden mußten, beispielsweise Cerivastatin (Lipobay) oder Sibutramin (Reductil). 

In Erinnerung sollte bleiben, daß Lauterbach einen „extrem harten Lockdown“ forderte. Es hat allerdings in Friedenszeiten noch nie den Versuch gegeben, solche Strategien systematischer ökonomischer Selbstverstümmelung umzusetzen. Selbst in Kriegen gab es die Bemühung, die Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft aufrechtzuerhalten. So stellt sich letztlich die Frage, welche Rolle eigentlich Karl Lauterbach in der Pandemiepolitik spielt. Erst 2010 – rund zwanzig Jahre nach Abschluß seines Medizinstudiums – beantragte und erhielt Lauterbach die Approbation als Arzt. Eine solche Approbation ist die Voraussetzung dafür, uneingeschränkt als Arzt im Krankenhaus arbeiten zu dürfen oder eine eigene Praxis aufmachen zu können. Offenbar heißt diese Praxis heute Deutschland.

Ludger Gesigora, Lüdinghausen






Zu: „Impfstoff zum Selbermachen“ von Mathias Pellack, JF 13/21

Ein Text für die Seite 1

Erst jetzt kam ich dazu, den Beitrag von Mathias Pellack genau zu lesen. Dieser Text müßte auf Ihrer ersten Seite stehen. Was ist eigentlich in Deutschland los? Ich bin 89 Jahre alt und will mich aus grundsätzlichen Gründen nicht impfen lassen. Was jedoch Professor Stöcker darlegt, ist für mich so profund, daß ich mich sofort von ihm impfen lassen würde. Bringen Sie noch mehr davon!

Herbert Piefke, Bohmte






Zu: „Asozial distanzlos“ von Dietmar Mehrens, JF 13/21

Distanzlos, äußerst unhöflich

Vielen Dank für den zutreffenden Artikel von Dietmar Mehrens über die (Un-) Kultur des zunehmenden Duzens. Auch mir fällt es in den letzten Jahren massiv auf, wie man – ungefragt – geduzt wird, sei es durch Unternehmen wie „Klarna“ oder „Ikea“, aber auch von wildfremden Personen, die zum Beispiel nach dem Weg fragen oder Hilfsanweisungen geben. Ich empfinde das als distanzlos und äußerst unhöflich, selbst wenn ich (mittleren Alters) durchaus „jugendlich“ aussehe. Der Autor trifft mit seinen klaren Erläuterungen dazu den Nagel auf den Kopf! Eine gewisse Höflichkeit behalte ich mir vor, und ich bestehe darauf, auch so behandelt zu werden. Auf eine „Kumpelhaftigkeit“ und eine von oben diktierte Unmündigkeit kann ich gern verzichten.

Uta Tertinegg, Essen




Übergriffig, oder: Kommentar-Los

Herrn Mehrens’ Kritik an der unsäglichen Duz-Kultur der Werbe- und Medienschaffenden entbehrt nicht einer gewissen Ironie, heißt es doch seit der letzten Umgestaltung Ihrer Netzseite: „Dein Kommentar wartet auf die Moderation.“

Dr. Martin Heine, Hannover

Danke für den Hinweis. Wir werden das ändern. Die Redaktion






Zu: „Lektionen für Kanada“ von Martina Meckelein, JF 13/21

In den Sechzigern in Montreal

Mit Interesse habe ich diesen Artikel gelesen und möchte gern aus meiner eigenen Sicht einen Kommentar hinzufügen, indem ich als ehemaliger „landed immigrant“ meine Eindrücke schildere. Ich bin mit einer Deutschkanadierin verheiratet. Meine Frau ist 1951 mit ihrer Familie nach Kanada/Montreal ausgewandert. Ich selbst habe von 1964 bis 1967 und mit Unterbrechungen bis 1969 in Montreal gelebt, studiert und in den langen Sommerferien in diversen Jobs (Schiffahrtsagentur, Konservendosenfabrik, Tallymann, Deutschlehrer, Sitzwächter im Krankenhaus) gearbeitet. Obwohl der Zweite Weltkrieg erst zwei Jahrzehnte zurücklag, ist man mir allermeistens mit Freundlichkeit, Höflichkeit und ohne Vorurteile begegnet, ob im Job, an der Uni (McGill) oder innerhalb der Bevölkerung. Einer meiner guten Freunde und Mitstudenten war jüdisch, und ich vergesse niemals seinen von seinem Vater übernommenen Spruch: A penny saved is better than a penny earned. Ob Einwanderer oder nicht: Man war fleißig, und David, mein Kommilitone verdiente die nicht unerheblichen Studiengebühren unter anderem mit dem Reinigen von Ölkesseln. Als sehr angenehm empfand ich den englischen Einfluß mit seiner Gelassenheit, andererseits aber auch mit strikter Umsetzung der Rechtsnormen. Ich dachte, diese Erwiderung schulde ich dem Land, welches mich freundlich aufgenommen hatte und meinen dortigen Freunden und den vielen Menschen, deren Bekanntschaft ich damals machte und an die ich gerne zurückdenke.

Dr. med. Klaus Esrom, Bad Essen






Zu: „Kein Freispruch erster Klasse“ von Jörg Bernhard Bilke, JF 13/21

Widerstand gegen Cancel-Culture

Dankenswerterweise wird hier auf das von Marianne Kopp herausgegebene  Buch „Mosaiksteine zu Agnes Miegel“ hingewiesen, das über Verleumdung und Verteidigung einer verfemten Dichterin – der größten Ostpreußens – berichtet. Leider entwertet die Überschrift „Kein Freispruch erster Klasse“ den Artikel. Freisprüche gehören ins Gericht, nicht in die Kulturgeschichte. Wovon soll man den wunderbaren Komponisten und Mörder Gesualdo, den in seinem antijüdischen Wüten sich als politisch negativ bekloppt offenbarenden genialen Komponisten Richard Wagner, den sich in seinem Stück „Die Maßnahme“ als stalinistischer Mordgehilfe entlarvenden großen Dichter Bert Brecht denn posthum freisprechen? 

Bilke schließt mit drei rhetorischen Fragen. Und auf diese gibt es nun einmal keine sinnvolle Antwort. Was soll die Frage, warum Agnes Miegel nicht so kritisch war wie Ernst Wiechert? Noch seltsamer ist die Frage, warum sie um ein Huldigungsgedicht für Hitler gebeten wurde. Bin ich als Autor dafür verantwortlich, wenn einem Massenmörder meine Gedichte gefallen? Frage Nummer 3 fordert von Agnes Miegel die kritische nachträgliche Stellungnahme zu den NS-Verbrechen. Ihre Entscheidung, anders als die lauthals öffentlich Bereuenden ihre zwölf Jahre mit Gott auszumachen, erwähnt er nicht und er respektiert sie nicht. Bilkes Taktieren kann von den Banausen und Barbaren als halbes Zustimmen gedeutet werden. Nicht allein, daß von Willy Brandt bis zu dem jüdischen Dichter und Übersetzer Sem Simkin sich so viele kluge Köpfe mutig für Agnes Miegel eingesetzt haben, verpflichtet uns zum Widerstand gegen das Cancel-Gesindel. Es geht generell darum, das kulturelle Gedächtnis zu verteidigen gegen jeden Versuch, politische und moralische Verirrungen von Künstlern dazu zu benutzen, um Lebenswerke auszuradieren.

Rolf Stolz, Köln






Zu: „Steuergelder für den Aufruhr“ von Richard Abelson, JF 12/21

Zwei Seiten derselben Medaille

Dies ist ein sehr interessanter kurzer Artikel, der konsequent der Spur des Geldes folgt und dabei zugleich deutlich macht, daß die europäische Ebene durchaus nicht unwichtig ist. Ja, daß eben Brüssel und Berlin zwei Seiten derselben Medaille sind.

Christian Preuß, Berlin






Zu: „Wie ein Ritt durch die Hölle“ von Gernot Facius, JF 12/21

Schwer drückt mich das Gewissen

Ich habe mir das von Gernot Facius vorgestellte Buch umgehend besorgt, da sowohl meine Mutter als auch mein Vater 1945 mit Gewalt aus dem Sudetenland vertrieben worden sind. Die Mutter aus dem mährischen Schönhengstgau, der Vater aus Jägerndorf (im tschechischen Teil Schlesiens gelegen). Mein Vater verstarb 1951, da war ich gerade ein halbes Jahr alt, an einer Kriegsverwundung. Die schrecklichen Geschehnisse der Vertreibung, die meine Mutter mir, dem Jugendlichen, erzählte, ignorierte ich, paßten sie doch nicht in das Weltbild meiner aufkeimenden 68er Gesinnung. Jetzt mußte ich in Padevets „Ritt durch die Hölle“ all das und unendlich viel mehr „nacherleiden“, was meine weinende Mutter mir und meinem älteren Bruder erzählt hatte. Schwer drückt mich daher das Gewissen, wenn ich an meine im Jahre 1999 verstorbene Mutter denke, die alles gab, um ihren beiden Söhnen eine positive Zukunft zu geben. 

Auf der Suche nach Bildmaterial über die Vertreibung stieß ich auf eine Ausstellung von 2013 mit dem Namen „Die Kunst zu töten“ des tschechischen Fotokünstlers Lukáš Houdek in der Technischen Nationalbibliothek in Prag. In den Bildern werden Plastikpuppen erhängt oder von Soldaten vergewaltigt. Er habe von schrecklichen Massakern erfahren und habe sich dazu ausdrücken müssen, sagte der Künstler. Das falsche Lächeln der Barbie-Puppen paßt nach Ansicht des Fotografen zu seiner künstlerischen Aussage. Das symbolisiere die Haltung der Mehrheit der Öffentlichkeit in Tschechien, die die damaligen Taten herunterspiele und entschuldige, so Houdek.

Heinz Kirchner, Dammbach/Wintersbach






Zu: „Ein typisch deutsches Wort“ von Tilmann Wiesner, JF 11/21

Ordnung ist das halbe Leben

Der anregend bereichernde Artikel über das deutsche Wort „Ordnung“ liest sich mit Vergnügen. Man hätte allerdings herausstellen können, daß jegliche Ordnung immer auch dem Ziel dient: Entlastung. Auch dort, wo man sie im ständig bewegten Leben sieht, will sie eben entlasten.

Arthur Schanz, Overijse/Brüssel / Belgien