© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/21 / 16. April 2021

Carlo Maria Viganò. Der Kardinal bekämpft sexuellen Mißbrauch und den „Great Reset“.
Licht gegen Dunkelheit
Maike Hickson

Carlo Maria Viganò tut es wieder: Für den 30. April hat er einen Corona-kritischen Vortrag („Wahrheit statt Angst“) angekündigt. Mehrfach schon sorgte der Erzbischof für Furore: So als er im November vor dem „Great Reset“, also der Revolutionierung der globalen Verhältnisse im Zuge der Corona-Krise (JF 50/20), warnte. Und damit in den USA, anders als bei uns, sogar von einem der größten TV-Sender, Fox News, zitiert wurde. Zuvor hatte er im Mai mit anderen Bischöfen einen Aufruf veröffentlicht: Die „globale Elite“ zu hindern, sich im Gewand der Virusbekämpfung die Welt „zu unterwerfen“. Dazwischen erklärte er im Juni seine Unterstützung für Donald Trump und dessen Kampf gegen den sogenannten „Tiefen Staat“. Womit jener Filz aus Bürokratie, Medien und Wirtschaft gemeint ist, dem Trump unterstellte, seine Regierung zu untergraben. Viganò sieht in all dem den Kampf der „Kinder des Lichts“ gegen die „der Dunkelheit“ – ein „biblischer“ Vorgang. Bei dem er allerdings „die Freimaurerei“ für einen der Hauptgegner hält. Trump twitterte damals, er fühle sich „geehrt“. Damit wurde Viganò in den USA zu einer wichtigen konservativ-katholischen Stimme. Seine Stellungnahmen und Interviews werden inzwischen sogar weltweit von Millionen gelesen. 

Doch wer ist dieser Mann? Geboren 1941 in der Lombardei, 1968 geweiht, trat er in den diplomatischen Dienst des Vatikans. Als Präfekt des Governatorates, der Regierung des Kirchenstaats, bat er den Papst um Hilfe für seine Sparpolitik und Korruptionsbekämpfung. Doch Benedikt XVI., der Konflikten gern aus dem Weg ging, versetzte ihn stattdessen 2011 in die USA. Wo Viganò gewahr wurde, daß Kardinal Theodore McCarrick, entgegen päpstlicher Instruktionen, dort immer noch eine prominente Rolle spielte. Viganò selbst hatte Benedikt geholfen, wegen homosexueller Eskapaden Maßnahmen gegen McCarrick zu ergreifen, die aber halbherzig waren. Als 2013 Franziskus ins Amt kam, warnte Viganò auch ihn – mit noch weniger Erfolg. Denn McCarrick, so der neue Papst, „kann für uns nützliche Arbeit leisten“.

Als aber 2018 Opfer klagten, von McCarrick als Kinder mißbraucht worden zu sein, war der Skandal da und lastete auch auf Viganòs Gewissen. Er beschuldigte Franziskus der Mitwisserschaft und zog sich zurück. Doch obwohl im Ruhestand, stieg seine Popularität: Betrachten US-Katholiken ihn schließlich als Kämpfer gegen die Korruption, die weiter wuchert; so wurden etwa viele enge Mitarbeiter McCarricks befördert. 

Viganò unterstützte Trump, weil er Parallelen zwischen Kirche und Staat sieht: Beide seien von Kräften infiltriert, die nicht dem Wohl der Menschen dienten, sondern dem Bösen. Hierzulande freilich will man von solchen Szenarien nichts wissen. Der Deutschen Bischofskonferenz gilt  etwa Carlo Maria Viganòs Aufruf vom Mai lediglich als „Konglomerat von Verschwörungsmythen und Pseudowissenschaft“.