© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/21 / 16. April 2021

Neues AfD-Wahlprogramm fordert den EU-Austritt Deutschlands
Der Ruf nach dem Dexit
Bruno Bandulet

Als Oswald Spengler am 26. Februar 1924 vor nationalgesinnten Studenten in Würzburg sprach, redete er ihnen ins Gewissen: Sie sollten die Entwicklung der Welt ringsumher in bezug auf uns wirklich ernst nehmen, Tatsachen studieren und sich dilettantischer Aufrufe enthalten, die doch nur die Gefühle befriedigen. Solcher Dilettantismus war jetzt auch bei einem Teil der Delegierten auf dem Dresdner Parteitag der AfD zu besichtigen. Ja, die EU ähnelt in manchem einem „failed state“. Ist deswegen der EU-Austritt, so der Parteitagsbeschluß, „notwendig“?

Nein. Ein Dexit würde mehr Schaden als Nutzen stiften und die deutsche Außenpolitik in schwere Turbulenzen stürzen. Er würde das sensible Geflecht der handelspolitischen Beziehungen zerreißen. Damit soll nicht behauptet werden, daß ein Dexit und die Neugründung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft nicht irgendwann unumgänglich sein könnten. Verträge werden ja nicht für die Ewigkeit geschlossen. Um Druck aufzubauen, genügt es aber allemal, den Dexit als Option ins Fenster zu stellen. Deutschland sei, wurde oft gesagt, eine Volkswirtschaft auf der Suche nach einer Nation. Wäre es nicht besser, zur Nation zurückzufinden, anstatt die Volkswirtschaft zu beschädigen? Es stimmt, daß der Marsch in die Schuldenunion mit dem monströsen, vertrags- und verfassungswidrigen 750-Milliarden-Kreditpaket Deutschland zur Ausplünderung freigibt.

Aber die Bundesregierung hätte dem nicht zustimmen müssen. Sie könnte in Brüssel nationale Interessen vertreten und zusammen mit den Nord- und Osteuropäern versuchen, EU-Europa in eine andere Richtung zu steuern. Das Nein zum Euro, nicht der Auszug aus der EU war von Anfang an Teil der DNA der Alternativen. Jetzt eine neue Front zu eröffnen, ist kontraproduktiv. Gute Politik braucht mehr als Leidenschaft, nämlich Verantwortungsgefühl und Augenmaß. Das wußte schon der Soziologe und Ökonom Max Weber.