© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 16/21 / 16. April 2021

Im Vatikan regiert ein ins Kirchliche übersetzter Peronismus
Franziskus, der große Konformist
(dg)

Das heute in der Öffentlichkeit dominierende Bild von Papst Franziskus brachte schon der Untertitel einer der ersten Biographien, die nach Antritt des Pontifikats über ihn erschien, auf eine Kurzformel: „Vom Reaktionär zum Revolutionär“ (Paul Vallely, „Papst Franziskus“,  2014). Kritiker beziehen sich gern auf dieses Etikett des robusten Reformers, wenn sie das Oberhaupt der katholischen Kirche bezichtigen, den Vatikan zur Dependance der Vereinten Nationen umgebaut zu haben, die sich mehr um Klimapolitik, globale soziale Gerechtigkeit  und die Förderung von Massenmigration sorge als um das Seelenheil katholischer Christen. Daher, so argumentiert der irische Publizist Colm Tóibín, stoße die „Zwei-Päpste-Theorie“ Georg Gänsweins, dem einstigen Hauspräfekten von Franziskus’ Vorgänger Benedikt XVI., weiterhin auf Zustimmung seiner Gegner. Demnach bestehe das Papsttum seit 2013 im „erweiterten geistlichen Amt“, ausgeübt von einem aktiven und einem kontemplativen Mitglied“, dem Kirchenpolitiker Franziskus und dem Seelenhirten Benedikt. Mit der römischen Wirklichkeit hat das für Tóibín so wenig zu tun wie das Zerrbild vom Vatikan als UN-Agentur. Juan M. Bergoglio, der argentinische Papst, sei vielmehr stets ein „großer Konformist“ gewesen, der sich als Peronist genauso geschmeidig mit der bis 1989 herrschenden Militärjunta in seiner Heimat arrangierte, wie der „ins Kirchliche übersetzte Juan Perón“ heute dem ökologischen Zeitgeist gehorche, um sein Versagen im Kampf gegen die „schwule Lobby“ im Vatikan und bei der Aufklärung kirchlicher „Mißbrauch“-Skandale zu kaschieren (Lettre International, 132/2021). 


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