© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/21 / 23. April 2021

Konflikt in der Ostukraine
Putin will Biden testen
Albrecht Rothacher

Ganze 100.000 Mann hat Putin an den ukrainischen Grenzen aufmarschieren lassen, mehr als je zuvor. Was ursprünglich wie eine der üblichen Drohkulissen aussah, wirkt angesichts der Mengen an schwerer Artillerie, vorgeschobener Munition, Feldlazaretten und amphibischen Einheiten in Frontnähe wesentlich gefährlicher. Dazu die Verteilung russischer Pässe an die Ostukrainer in den Donbass-„Republiken“.

Der Meister-Taktiker Putin hat schon immer gerne Momente der Schwäche des Westens ausgenutzt. Diesmal könnte es ihm um die endgültige Annexion des Donbass mit seinen nunmehr russifizierten Einwohnern gehen. Alternativ die Eroberung einer Landbrücke zur Krim mit dem Vorwand einer verbesserten Wasserversorgung.

Die internationale Wasserstraße unter der Kertsch-Brücke hat er bereits geschlossen, und damit die Stahlindustrie der Südostukraine von allen Exporten und Lieferungen abgeschnitten. Letztendlich will Putin Joe Biden testen, der ihn einen Mörder nannte und jüngst wegen Hacker-Angriffen zehn russische Diplomaten ausweisen und Finanzsanktionen gegen russische Banken ausweiten ließ.

Europas Diplomatie ist derweil in Angststarre verfallen und appelliert zur De-Eskalation. Die frommen Wünsche von Heiko Maas und seinen EU-Kollegen werden dem Kreml-Herrn jedoch nicht den Schlaf rauben.