© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 17/21 / 23. April 2021

Ländersache: Bremen
Vater sein dagegen sehr
Hermann Rössler

Es gibt schnellere Wege, an einen Aufenthaltstitel in Deutschland zu kommen als ein Asylverfahren. Einen davon, so scheint es, haben afrikanische Schlepper für sich entdeckt. So registriert das Jobcenter in Bremen in den vergangenen Jahren zunehmend schwangere Frauen aus Afrika, die angeben, nach dem deutschen Erzeuger ihres Kindes zu suchen, wie aus der Antwort des rot-grün-roten Bremer Senats auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom November 2020 hervorgeht. 

Demnach legten diese Frauen, nachdem sie sich bei der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber gemeldet hatten, eine notariell beglaubigte Vaterschaftsanerkennung vor. Die angeblichen Väter seien deutsche Staatsbürger, wodurch die Kinder der meist aus Nigeria oder Ghana stammenden Frauen automatisch zu deutschen Staatsbürgern werden. Die Afrikanerinnen bekämen dadurch eine langfristige Aufenthaltserlaubnis und Anspruch auf Sozialleistungen. Die Väter seien oftmals selbst auf Arbeitslosengeld angewiesen. Aus früheren Ermittlungsverfahren lägen zudem „nicht belastbare Informationen“ vor, „daß die Frauen für die Vermittlung an den die Vaterschaft anerkennenden Mann ein Entgelt in Höhe von 3.500 Euro bis 5.000 Euro zahlen müssen“. 

Ein Mitarbeiter des Jobcenters spricht gegenüber der FAZ die Vermutung aus: „Dahinter steckt die nigerianische Mafia.“ Die Frauen seien Opfer von Menschenhändlern. Von Dolmetschern habe er erfahren, daß die Frauen vor ihrer illegalen Einreise nach Deutschland in Italien als Prostituierte gearbeitet hätten und aufgrund ihres Alters weitergeschickt worden seien. Von der Sozialhilfe des deutschen Staats profitierten die Schlepper nach wie vor. Ein Viertel der Frauen für die er zuständig sei, entsprächen inzwischen diesem Muster, so der Jobcenter-Mitarbeiter. 

Die FDP in der Bremer Bürgerschaft befürchtet nun, „daß sich kriminelle Strukturen etablieren könnten“. Diese „von staatlicher Seite unbewußt zu unterstützen“, müsse „unbedingt verhindert werden“. Nach Angaben des Jobcenters bezogen im Februar dieses Jahres 374 alleinerziehende Frauen aus Nigeria und 485 Frauen aus Ghana Leistungen der Behörde, womit sie von insgesamt 6.773 Alleinerziehenden in Bremen rund 13 Prozent ausmachen. Seit 2017 zählten das Migrationsamt Bremen und das Bürger- und Ordnungsamt Bremerhaven zusammen 17 Fälle, in denen eine Vaterschaft mißbraucht wurde, um sich Geldleistungen zu erschleichen. 43 Verfahren wurden dagegen wegen mangelnder Beweise eingestellt. Die Dunkelziffer in allen Bundesländern sei hoch, bestätigten Polizei und Staatsanwaltschaft der Welt am Sonntag. Den Betrügern kommt auch ein Entscheid des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017 zugute, in dem es feststellte, „daß der Schutz der Familie hinsichtlich der Vaterschaft ausdrücklich nicht nur eine biologische, sondern auch eine soziale Vaterschaft umfaßt.“ 

Das Land Nordrhein-Westfalen brachte daher im September vergangenen Jahres einen Gesetzesentwurf ein, der Scheinvaterschaften verhindern soll. Die Bremer FDP-Fraktion fragt den Senat, ob der Entwurf nicht als Vorbild geeignet sei, „der Problematik der mißbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung wirksam zu begegnen?“. Die Antwort steht noch aus.