© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/21 / 30. April 2021

Doppelt wählt besser
AfD: In den kommenden Wochen dürfen die Mitglieder darüber entscheiden, mit welchen beiden Spitzenkandidaten die Partei in den Bundestagswahlkampf zieht
Christian Vollradt

Union und Grüne haben ihre jeweilige Nummer eins für die Bundestagswahl gerade gekürt – die einen mit mächtig Getöse und Nervenkrieg, die anderen lautlos im kleinsten Kreis hinter den Kulissen. Nun ist auch die AfD an der Reihe. Um Kanzlerkandidaten wie bei anderen geht es zwar nicht – für das Amt können die Wähler strenggenommen ja ohnehin niemanden bestimmen. Doch zumindest zwei Spitzenkandidaten möchte man präsentieren. 

Inzwischen hat sich der Bundesvorstand auf ein Verfahren geeinigt. Denn der Parteitag in Dresden hatte den Wunsch der Mitglieder, die Basis der Partei darüber entscheiden zu lassen, mehrheitlich akzeptiert (JF 16/21). Nun soll es wie folgt laufen: Da sich jedes stimmberechtigte AfD-Mitglied gemeinsam mit einem anderen stimmberechtigten Mitglied bewerben kann, sind die entsprechenden Informationen zum Onlineverfahren an jeden in der Partei verschickt und die eigens dafür eingerichtete Internetseite freigeschaltet worden. 

Bis zum kommenden Mittwoch läuft dann die Bewerbungsphase, zwei Tage später entscheidet der Bundesvorstand, welche Bewerbungen zulässig sind. Eine der Regeln: „Bewerber, die sich gemeinsam mit einem zweiten Parteimitglied als Spitzenduo bewerben, können sich gemeinsam als Spitzenduo vorschlagen. Dagegen können sich einzelne Bewerber ohne einen zweiten Bewerber nicht vorschlagen.“ Diese Hürde soll zu überraschende „Zufallstreffer“ verhindern. Jeder, der sich bewirbt, muß im Onlineformular außer seinen Angaben – Beruf, Wahlkreis und Listenplatz, eventuelle vorherige Parteimitgliedschaften – auch das jeweils andere Mitglied seines Spitzenduos benennen. 

Außerdem ist Platz für einen kurzen Bewerbungstext. Dabei gilt: „Inhalte, die nicht die eigene Motivation und Geeignetheit darstellen, sind unzulässig. Das gleiche gilt für Äußerungen, „die vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen die Grundsätze oder gegen die Ordnung unserer Partei verstoßen“. Die Abstimmung läuft dann vom 17. bis zum 24. Mai. Jedes Mitglied hat eine Stimme. Abgestimmt werden kann für ein Spitzenduo oder gegen alle Vorschläge (mit Nein); auch Enthaltungen sind zulässig. Gewählt ist, wer die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Sollte nach Pfingstmontag keines der Spitzenduos die erforderliche Mehrheit erzielt haben, kommt es zu einer Stichwahl zwischen den beiden Teams mit den höchsten Stimmenzahlen. In dem Fall soll spätestens am 2. Juni ein Ergebnis vorliegen. 

Mit Spannung erwarten viele in der Partei, welche Bewerber-Duos antreten werden. Bis Redaktionsschluß der JUNGEN FREIHEIT kursierten nur einzelne Kandidatennamen. Als aussichtsreich gilt Parteichef und Vizefraktionschef Tino Chrupalla. Auf die Offerte, gemeinsam mit der hessischen Bundestagsabgeordneten Joana Cotar ein Team zu bilden, ist der Sachse bisher nicht eingegangen. Gerüchten zufolge sollen derzeit die Drähte zwischen Dresden und Düsseldorf glühen: So wird immer wieder der Name des nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Rüdiger Lucassen als Teil eines Ost-West-Duos genannt. Ein formaler Schönheitsfehler: Die Aufstellungsversammlung im größten Landesverband kann erst am 14. Mai starten. 

Ebenso ungewiß ist auch, welches Team als erstes auf der Internetseite seinen Hut in den Ring wirft. Denn wer zu früh kommt, den könnte eine wie aus dem Nichts auftauchende Konkurrenz überraschen. Gut möglich also, daß die Fristen bis zum Ende ausgereizt werden.