© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/21 / 30. April 2021

Streit um die Milliarden-Entschädigung für RWE-Kohlekraftwerke
Laschet gegen Altmaier
Marc Schmidt

Aus dem 1898 in Essen gegründeten Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk (RWE) wurde nach dem Ersten Weltkrieg ein regionaler Champion und nach dem Zweiten Weltkrieg der größte Energiekonzern der Bundesrepublik. Doch Atomkraft ist wie Braun- und Steinkohle nicht mehr angesagt – RWE investiert nur noch in Ökoenergieanlagen. Zuletzt glänzte das RWE-Management mit geschickten Verhandlungen beim Kohleausstieg und strich für Kraftwerksstillegungen 2,6 Milliarden Euro ein. Als Folge stieg der Aktienkurs innerhalb von fünf Jahren um mehr 170 Prozent.

Gegen diese erfolgreichen Geschäfte klagen Stadtwerke und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Sie sehen sich im Wettbewerb benachteiligt, die EU-Kommission signalisierte ähnliche Bedenken. RWE droht eine Ergebnisberichtigung im Milliardenbereich – und das ist pikant: Zu den RWE-Aktionären gehören 130 Stadtwerke, meist im Rhein-Ruhr-Gebiet. Sollte sich der VKU durchsetzen, wird der RWE-Aktienkurs einbrechen, Dividendenzahlungen werden gekürzt. Letzteres hat 2015 und 2016 zahlreiche kommunale Haushalte gekippt. Einzelne Kommunen wurden in die vorübergehende Insolvenz getrieben. Es darf bezweifelt werden, daß die Abhängigkeit der Kommunaletats von den langfristig eingeplanten Dividendeneinnahmen abgenommen hat.

Der anstehende Rechtsstreit belastet aber nicht nur RWE und den VKU. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) steht an der Seite von RWE, zumal sein Ressort die Kohleentschädigung ausgehandelt hat. Auf der Seite von RWE befindet sich NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der Altmaier wegen dessen Unterstützung für Markus Söder in der Kanzlerkandidatenfrage lieber heute als morgen ablösen würde. Scheitert allerdings Altmaiers Kohledeal noch vor der Bundestagswahl, hat Kanzlerkandidat Laschet ein weiteres massives Problem an der Basis seines Kernlandes.