© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/21 / 30. April 2021

Schulpforta: Paradiesgarten preußischer Bildungspolitik
Kein Triumph humanistischer Ideale
(ob)

Ich sehe durchaus nicht ab“, so Friedrich Nietzsche, „wie Einer es wieder gut machen kann, der versäumt hat, zur rechten Zeit in eine gute Schule zu gehen.“ Und eine gute Schule war für Nietzsche, den Zögling des im 16. Jahrhundert gegründeten, seit 1816 zur preußischen Provinz Sachsen gehörenden Internats Schulpforta, eine „harte Schule“, die sich von anderen dadurch unterscheide, daß „viel verlangt wird“ und Lob selten sei. Zumindest bis in die NS-Zeit hinein hat der im Saaletal bei Naumburg angelegte „Paradiesgarten der preußischen Bildungspolitik“, wie ihn der Historiker Danilo Scholz in seinem Essay zur Erinnerung an den heute noch bestehenden „Schulstaat“ tauft (Zeitschrift für Ideengeschichte, 2/2021), diese strenge pädagogische Anforderung erfüllt. Scholz, Jahrgang 1984, wäre jedoch nicht dem bundesdeutschen Zeitgeist verhaftet, wenn er Pfortas Geschichte als „Siegeszug jener humanistischen Bildungsvorstellungen“ schilderte, die Latein und Altgriechisch als Sprungbrett zur Entwicklung des „ganzheitlich gebildeten Individuums“ priesen. Was zwar nicht zur Weltfremdheit disponierte, wie die Liste der 51 Admirale und Generäle belege, die das preußische Pforta bis 1941 hervorbrachte, aber die „Pförtner“ auch nicht davor bewahrt habe, sich schon im Deutsch-Französischen Krieg von1870/71 vom „patriotisch aufgeheizten Klima“ anstecken zu lassen. Ebenso versagt hätten die neuhumanistischen Erziehungsideale, als es 1920ern galt, den Schülern die Vorzüge der Weimarer Demokratie zu vermitteln oder sie ab 1935, nach der Umwandlung in eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt, gegen die „unchristliche Judenhetze“ zu immunisieren. 


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