© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 18/21 / 30. April 2021

Umwelt
Ein Loblied auf Regen
Paul Leonhard

Über jede städtische Wasserlache freuen sich nicht nur Insekten, die hier gern ihre Eier ablegen, sondern auch Wissenschaftler des Ostschweizer Instituts für Landschaft und Freiraum (ILF). Diese favorisieren die Wiederherstellung natürlicher Wasserkreisläufe im urbanen Raum. Und dazu gehören Teiche und Weiher oder große Bäume mit ihrem mehrschichtigen Blattwerk. Diese Wasserspeicher helfen mit, ein ausgeglichenes Lokalklima zu schaffen. War es bisher stadtplanerischer Usus, Regenwasser schnellstens ins Kanalsystem abzuleiten, hat ein ILF-Forschungsprojekt untersucht, wie dessen Verweildauer oberirdisch zurückgehalten und gleichzeitig ein schnelles Verdunsten verhindert werden kann. Wassertürme und Zisternen sollen künftig das anfallende Dachwasser speichern, um es kontinuierlich an Grünanlagen abzugeben. Sind diese Speicher höher gelegen, kommen sie ohne elektrische Pumpen aus.

Die lebenswichtige Nässe für die Straßen- und Parkbäume länger verfügbar halten.

Ideal wäre eine Kombination aus Rückhalte- und Versickerungsanlagen, sagt Projektleiter Thomas Oesch. Durch vorgeschaltete Fluträume, die verzögert in die unterirdischen Speicherräume entwässern, könne Regenwasser für die Straßen- und Parkbäume länger verfügbar gehalten werden. Oesch verwies auf Erfahrungen aus traditionell trockenen Regionen, in denen in Innenhöfen die Verdunstungskühlung seit Jahrhunderten für mehr Wohlbefinden der Bewohner sorgt. Aber auch die Gefahr, daß Algen und lästige Mücken überhandnehmen, hat das ILF im Blick: Die kleinen Wasserflächen müssen auf wenige Tage beschränkt werden. Den Schweizern schweben daher große Teiche vor, die stetig Wasser führen und in denen „Räuber-Beute-Beziehungen ganzjährig ermöglicht werden“: Biotope also. Ob das praktisch funktioniert, wollen die Forscher jetzt an konkreten Fallbeispielen in einem Quartier testen.