© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/21 / 07. Mai 2021

Nicht reinreden lassen
CDU: Trotz Widerstand nominiert die Partei in Südthüringen Hans-Georg Maaßen
Hinrich Rohbohm

Eine Menschentraube hat sich um ihn in der Kongreßhalle von Suhl versammelt. Es sind nicht die 43 Delegierten der vier Südthüringer CDU-Kreisverbände, die darüber abstimmten, ob Hans-Georg Maaßen Bundestagskandidat für den Wahlkreis 196 wird. Es sind die zahlreich erschienenen Medienvertreter, die den ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit ihren Mikrofonen umkreisen und O-Töne bekommen wollen. Der Entschluß des 58jährigen, zu kandidieren, hat deutschlandweit für Aufsehen, Jubel und Entsetzen zugleich gesorgt. 37 der 43 Delegierten votierten am vergangenen Freitag für Maaßen. 

Sein Gegenkandidat Hardy Herbert, ein Rechtsanwalt aus Bad Salzungen, erhielt sechs Stimmen. Ein dritter Bewerber hatte seine Kandidatur unmittelbar vor der Abstimmung zurückgezogen und die Delegierten dazu aufgerufen, Maaßens Kontrahenten zu wählen. Schon bei der Aussprache über die Kandidaten wird klar: Der Ausgang des Rennens ist eindeutig. Niemand unter den Delegierten sieht noch Diskusionsbedarf. Auch in seiner Bewerbungsrede gibt Maaßen keine Angriffsflächen für Kritik, distanziert sich zudem deutlich von der AfD. 

Die vertrete „Positionen, die mit unseren Zielen und Werten in der CDU nicht vereinbar“ seien. Zudem stehe er „voll hinter“ den Abgrenzungsbeschlüssen der Union gegenüber AfD und Linkspartei. „Ich will, daß keine Extremisten und Radikale unsere Politik gestalten.“ Das sei nicht immer so deutlich gewesen, wirft ihm mancher in der Union vor. Ebenso wie seine Auftritte bei Gruppierungen, die man seitens der CDU/CSU „im Dunstkreis der AfD“ verortet.  

CSU-Chef Markus Söder bezeichnete Maaßens Kandidatur als „schwieriges Signal.“ Die Parteispitzen in Thüringen und auf Bundesebene zeigten sich reserviert. Andererseits hielten sich die Versuche, Maaßen als Kandidaten zu verhindern, in Grenzen. Zu deutlich war, daß die Südthüringer Christdemokraten sich in diese Personalie nicht reinreden lassen wollten. War doch gerade erst der Kanzlerkandidat entgegen der Mehrheitsmeinung an der Basis von der Parteiführung in Berlin bestimmt worden. Ein Eingreifen von oben hätte die von vielen CDU-Mitgliedern empfundene Basisfeindlichkeit noch verstärkt.

Keine provokanten Töne, keine zwielichtigen Auftritte

„15 Bundestagsabgeordnete hatten mir nach der Wahl gratuliert“, berichtet Maaßen der JUNGEN FREIHEIT. Eine Gratulation von Thüringens CDU-Chef Christian Hirte blieb dagegen ebenso aus wie aus dem Adenauerhaus in Berlin.  

Während der neue CDU-Chef Armin Laschet zurückhaltend reagierte, erklärte sein Generalsekretär Paul Ziemiak: „Ich gehe nun davon aus, daß Herr Maaßen alles zu einem gemeinsamen Wahlerfolg der CDU beitragen wird.“ Zudem erwarte er von jedem Kandidaten ein eindeutiges Bekenntnis zu Werten und Politik der Union sowie eine klare Abgrenzung Richtung AfD. Eine deutliche Botschaft an den frisch gekürten Kandidaten. Aus der Politiker-Sprache übersetzt heißt sie: Wir grenzen dich nicht aus wie unter Angela Merkel. Vorausgesetzt, du zeigst dich teamfähig. Die Erwartung: Keine provokanten Töne und Auftritte. Wird er sich daran halten, kann er mit seiner Fachkompetenz für die Union zur Waffe werden, sind zahlreiche Funktionäre zumindest in der Thüringer CDU überzeugt. „Als Abteilung Attacke gegen Rot-Rot-Grün ist er enorm wichtig“, heißt es dort. Außerdem, so die Hoffnung einiger, könnte der frühere Verfassungsschützer der AfD enttäuschte Konservative wieder abspenstig machen. 

„Ich werde für Armin Laschet kämpfen“, kündigt Maaßen bei seiner Nominierung an und sendet damit das Signal aus, die geforderte Teamfähigkeit herstellen zu wollen. Auch, daß er für die CDU von Wert sein kann, unterstreicht er. „Man muß wissen, wie der politische Betrieb in Berlin funktioniert. Ich kenne ihn. Ich werde nicht als Hinterbänkler anfangen“, sagt er zu den Delegierten. Und: „Ich will nicht wie ein Jungpolitiker öffentlich Karriere machen. Ich bin wirtschaftlich unabhängig.“ 

Das kommt an. Ebenso seine Aussage, daß er sich nicht als „konservativ oder rechts“ sehe, sondern als „sozialen, geerdeten Realisten.“ Als Realist betrachtet er auch die Chancen, seinen Wahlkreis gewinnen zu können. „Das wird kein Selbstläufer, die CDU wird sich steigern müssen“, kündigt er im Gespräch schon mal an (siehe nebenstehendes Interview).