© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/21 / 07. Mai 2021

Das Eigenheim als anachronistische Daseinsform
Apologie des Nomadischen
(dg)

Mit dem Hinweis auf die „dramatische Wohnungsnot“, die freilich nicht der böse Spekulant, sondern die von den Grünen unterstützte „einladende Einwanderungspolitik“ (Annalena Baerbock) der christdemokratischen Bundeskanzlerin verursacht hat, verteidigte Anton Hofreiter ein unlängst in Hamburg verhängtes Bauverbot für Einfamilienhäuser. Für den weit links stehenden Journalisten Claas Gefroi löste der Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag damit „eine der bemerkenswertesten Debatten aus, die dieses Land in den letzten Jahren erlebt hat“ (Konkret, 4/2021). Dabei habe neben den Grünen, die aus Angst vor dem Stigma der Verbotspartei schnell zurückruderten, vor allem die Partei Die Linke jenseits von Sahra Wagenknecht komplett versagt, indem sie das Eigenheim als Erfüllung eines alten Sozialstaatsversprechens und als kleinbürgerliche Trutzburg gegen die „Verheerungen des Neoliberalismus, des Ellbogens und der Vereinzelung vieler Menschen“ pries. Sie scheine vergessen zu wollen, was Konrad Adenauer 1956 bei der Verabschiedung des 2. Wohnungsbaugesetzes auf den Punkt brachte: „Wer ein Haus baut, macht keine Revolution.“ Damit offenbarte der erste Bundeskanzler, daß er von Friedrich Engels gelernt hatte, der in den 1880ern darüber lamentierte, daß das Eigenheim den Proletarier an die Scholle binde und seinen Klassenkampfgeist lähme. Darum gelte es heute erst recht, das Eigenheim als Daseinsform der Kleinfamilie abzuschaffen, um den Rückzug ins Private zu unterbinden. Ohnehin sei Seßhaftigkeit und langfristige Lebensplanung im Spätkapitalismus ein Anachronismus, trumpft dieser linke Apologet der Anywheres auf. 


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