© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/21 / 07. Mai 2021

Dorn im Auge
Christian Dorn

Wenn der „kluge Kopf“ nur immer wüßte, was ihm alles angedichtet wird! Jedenfalls kann ich bei der Kulturseite der FAZ-Ausgabe vom 30. April, dem Todestag meines Vaters, keine Pistole entsichern, aber zumindest meinen Kopf schütteln: Wird hier doch die Antilopenzüchtung „Danger Dan“, ein Produkt linksradikaler Inzucht, in die Sphären von Frank Zappa und Lou Reed hochgeschrieben, der in seinem neuen Song („Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“) davon phantasiert, Gauland, Kubitschek und Co. notfalls mit der Kalaschnikow abzuknallen – ähnlich, wie es bereits die (laut Eigenlob) „beste Electropunkband der Welt“ namens Egotronic in ihrem inzwischen zensierten Video „Linksradikale“ respektive „Kantholz“ vorexzerziert hatten, in dem die Gäste von Matthias Matusseks Geburstagsfeier von einer Scharfschützin mit Kopf- und Herzschüssen hingerichtet wurden. Da also auch mir der Tod gewünscht wird (wie auch schon von einem „Boche“, einem gestörten Mitarbeiter der AfD-Bundestagsfraktion), nehme ich auch für mich die nötige Kunstfreiheit in Anspruch, besonders bei „Danger Dan“, der vor einiger Zeit bereits verkündete: „Deutschland (…) war von Anfang an scheiße und ich bin sehr froh, daß dieses Projekt gescheitert ist. Sollte Deutschland jetzt zuhören: Bitte schaff dich einfach ab!“ 


Nun, auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil, wir bieten daher unsere Dichtung feil: „In diesem Land wird auch der allerletzte Dreck / Der Antilopen von der Kunstfreiheit gedeckt. / Doch anders als du Levit-Lover denkst / Dir besorgt´s ein rassereiner Hengst. // Du performst als pet / kriegst gleich ab dein Fett: / Antilopen sollten nicht klagen / im Gauland wird man sie wohl jagen.“ Oder auch: „Ach, Danger (!) Dan / Der Ranger Man / Ist Antilopen-Fan! // Hab ich das schon gesagt? / Auch ich geh gern / auf Antilopenjagd.“ 


Tatsächlich wird am 1. Mai bereits morgens Jagd gemacht auf geöffnete Spätkauf-Kioske – als wären wir in Istanbul unter dem Alkohol-Verbot von Erdoğans Ramadan-Regime. Als ich eintrete, stehen da bereits zwei Polizisten schwer bewaffnet mit Schlagstöcken, auf der anderen Seite der verunsicherte türkische Ladenbesitzer. Auf meine Frage, ob ich hier kein Bier kaufen dürfe, entgegnen die Polizisten genüßlich maliziös: „Das muß jetzt der Ladenverkäufer entscheiden.“ Meine Nachbarin, die Schamanin, hat das bereits: „Ich lasse mich nicht impfen! Ich kenne keinen Menschen, der an Corona gestorben ist, aber schon mehrere, die durch die Impfung ins Jenseits befördert worden sind.“