© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 19/21 / 07. Mai 2021

Umwelt
Rad statt Lufttaxi
Paul Leonhard

Andreas Scheuer hat nach gescheiterten Ausländermaut- und Flugtaxi-Plänen ein neues Ziel für sich entdeckt: Deutschland soll bis 2030 ein Fahrradland werden. Der CSU-Verkehrsminister verspricht Schnell- und Vorrangswege, Parkhäuser, Fahrradbrücken, grüne Radabbiegepfeile und sogar spezielle Studiengänge. Freie Fahrt für freie Bürger – aber nur wenn diese kräftig in die Pedale treten oder ins E-Bike investieren. 1,5 Milliarden Euro soll der Steuerzahler bis 2023 abdrücken, um zu beweisen, „daß ich auch der Fahrradminister“ bin. Diesen Titel hat der Niederbayer zwar bereits 2019 getwittert, als er eine Reform der Straßenverkehrsordnung ankündigte, die den Radverkehr „noch attraktiver“ machen sollte, aber jetzt will er richtig klotzen: Der Druck sei ja da, versicherte er vorige Woche auf dem 7. Nationalen Radverkehrskongreß in Hamburg.

Scheuers „Nationaler Radverkehrsplan 3.0“ verspricht ein lücken-loses Radnetz bis 2030.

40 Prozent der Deutschen hätten sich vorgenommen, künftig mehr zu radeln – so sie die Wohnung verlassen dürfen. Sein „Nationaler Radverkehrsplan 3.0“ sei eine „kleine Revolution“, denn der sehe ein „lückenloses Radnetz“ bis 2030 vor. Der 46jährige Politologe mißt seine Erfolge – aus Erfahrung wird auch er klug – nicht an gebauten Radwegkilometern, sondern an beantragten. Bis Ende März waren das rund 150 Kilometer plus fast 1.800 Fahrradstellplätze. Auch welche Wege die Deutschen künftig pro Jahr mit dem Rad zurückzulegen haben, hat Scheuer errechnen lassen: 180 statt bisher 120. Eine Maßeinheit, die Rot-Grün einst erfunden hat. 2002 hatte Scheuers Vorvorgänger Kurt Bodewig (SPD) den Deutschen die Holländer ans Herz gelegt. Die würden 27 Prozent aller Wege mit dem Rad zurücklegen. Die Reaktion erfolgte prompt: Die Anzahl der Wege schrumpfte sogar, wie eine Mobilitätsstudie von Scheuers eigenem Ministerium aus dem Jahr 2019 verrät.