© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/21 / 14. Mai 2021

Säulen, Seelen, Achtsamkeit
„Die Basis“: Die sogenannten Corona-Skeptiker haben eine eigene Partei – und prominente Unterstützer / Bisher nur ein Prozent in der „Querdenker“-Hochburg
Hermann Rössler

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, wußte schon Altkanzler Helmut Schmidt (SPD). Zu den kommenden Bundestagswahlen tritt nun die „Basisdemokratische Partei Deutschlands“ (die Basis) an, die das Visionäre mit der Medizin zusammendenkt. Als Ziel gibt die Partei an, den Menschen „mit seinen Bedürfnissen als körperlich-seelisch-geistiges Wesen“ in den Mittelpunkt der Politik rücken zu wollen. 

 Im Juli 2020 aus dem Umfeld der Proteste gegen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie gegründet, zählt die Basis nach eigenen Angaben inzwischen über 15.000 Mitglieder. Gegenüber der FAZ bestritt der Sprecher der Partei, David Siber, eine organisatorische Zusammenarbeit mit der Querdenkerbewegung, auch wenn Mitglieder auf Demonstrationen der Querdenker teilgenommen hätten. Eine Anfrage der JUNGEN FREIHEIT, ob sich die Beobachtung von Teilen der Querdenker durch den Verfassungsschutz (JF 19/21) auf die Parteiarbeit auswirke, ließ die Basis bis Redaktionsschluß unbeantwortet. 

In ihren Reihen finden sich einige prominente Maßnahmen-Kritiker. Neben Juristen, Unternehmern sowie Heil- und Naturpraktikern gehören auch der emeritierte Mainzer Professor und Infektionsepidemiologe Sucharit Bhakdi (JF 21/20) und der Mediziner und ehemalige SPD-Abgeordnete Wolfgang Wodarg zum Team der Corona-Skeptiker. Wodarg ist Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern, Bhakdi auf der Landesliste in Nordrhein-Westfalen. Die Bundesvorsitzenden sind die Heilpraktikerin Diana Osterhage und der Ingenieur und Betriebswirt Andreas Baum. Mit von der Partie ist auch der Rechtsanwalt Reiner Fuellmich, der laut Tagesspiegel im vergangenen Jahr eine Sammelklage gegen Christian Drosten ankündigte, die er bislang nicht gestellt hat. Geld soll er dennoch dafür eingesammelt haben. Schützenhilfe bekam die Basis kürzlich vom Schauspieler Volker Bruch (siehe Seite 3). 

Verglichen mit thematisch ähnlich ausgerichteten Kleinparteien wie dem Vorgänger „Widerstand 2020“ oder „Wir 2020“ scheint es das aussichtsreichste Angebot für Kritiker des politischen Kurses in der Pandemie-Bekämpfung zu sein. In allen Bundesländern und den drei Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen hat die Partei Landesverbände. Im Wochentakt berichten Lokalzeitungen über neu entstandene Orts- und Kreisverbände. Auch eine Jugendorganisation, die „junge Basis“, hat sich bereits gegründet, wobei unklar ist, wie viele Mitglieder diese zählt. Die Basis rühmt sich, mit einem Anteil von 49, 2 Prozent Frauen die höchste weibliche Quote in der deutschen Parteienlandschaft aufzubieten. Doppelmitgliedschaften in einer „anderen demokratischen Partei“ sind zulässig. Tatsächlich ist das Konzept der Basis außergewöhnlich. Die innerparteiliche Hierarchie gliedert sich nach den „Säulenbeauftragten“ für Freiheit, Machtbeschränkung, liebevollen Umgang (Achtsamkeit), Schwarmintelligenz und Visionen. Die Landesverbände orientieren sich ebenfalls an dieser Struktur. 

Eine Besonderheit im Bundesvorstand stellt der zusätzliche Posten als „Querdenker“ dar. Beschlüsse trifft die Partei mittels „systemischem Konsensieren“. Auf dem Youtube-Kanal der Basis wird erklärt, es ginge darum, einen Konsens zu suchen, der die größtmögliche Zustimmung aller Beteiligten findet. „Hier wird sich auf die Bedürfnisse hinter den Standpunkten konzentriert, statt nur auf Standpunkten und Fakten zu beharren.“ Die politischen Standpunkte der jungen Partei sind indes auch nicht ganz klar. 

Zwar tagte vom 20. bis zum 21. März der erste Bundesparteitag, doch außer einem Rahmenprogramm sind keine konkreten politischen Forderungen veröffentlicht worden. Eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen die Änderungen am Infektionsschutzgesetz ist derzeit in Arbeit, heißt es auf der Webseite. In der Satzung erklärt die Basis vage: „Was dem Leben, der Liebe und der Freiheit dient, muß aufgebaut, gefördert und gestützt werden.“ Dem „herkömmlichen Links-Rechts-Spiel“ verweigere man sich. Bei ihrer ersten Landtagswahl in Baden-Württemberg erreichten die Polit-Einsteiger ein Prozent der Stimmen.