© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/21 / 14. Mai 2021

„Den kommunistischen Angriff abgewehrt“
Regionalwahlen in Madrid: Die liberal-konservative PP könnte mit der Rechtspartei Vox regieren
Jörg Sobolewski

Nach einem ungewöhnlich aggressiven Wahlkampf konnten sich bei den Regionalwahlen in der spanischen Hauptstadt Madrid die Kräfte rechts der Mitte durchsetzen. Die liberal-konservative Volkspartei Partida Popular (PP) der Amtsinhaberin Isabel Diaz Ayuso konnte ihr Ergebnis gegenüber der Wahl 2019 verdoppeln und errang mit 44,7 Prozent die relative Mehrheit. Sie hatte bereits im Vorfeld angekündigt, sich wie zuletzt 2019 von der rechtskonservativen Vox mindestens tolerieren zu lassen. 

Die junge Partei rechts der PP konnte ihr Ergebnis leicht verbessern und erzielte 9,1 Prozent. 

Sozialdemokraten erleiden schwere Niederlage

Eine katastrophale Niederlage mußten hingegen die spanischen Sozialdemokraten der PSOE hinnehmen. Nach einem guten Ergebnis 2019 verlor die Partei unter Spitzenkandidat Ángel Gabilondo über zehn Prozent und konnte lediglich 16 Prozent auf sich vereinigen. Auch das linksradikale Bündnis Podemos unter Pablo Iglesias blieb unter den Erwartungen und landete mit 7,2 Prozent hinter Vox. 

Die liberalen Ciudadanos erlitten die schlimmste Niederlage ihrer Geschichte und verfehlten die Fünfprozenthürde deutlich. Lediglich das linke Wählerbündnis konnte einen Erfolg einfahren und mit knapp 17 Prozent den tiefen Fall der spanischen Linken in der Hauptstadt abfedern. 

„Wir haben den kommunistischen Angriff auf Madrid abgewehrt“, feierte der Vorsitzende der Vox, Santiago Abascal, das Ergebnis seiner Partei. Tatsächlich war es vor allem Vox gewesen, die mit einem professionellen, aber aggressiven Wahlkampf den konservativen Durchmarsch vorbereitet hatte – in „gutem Einvernehmen“ mit der konservativen PP.  Das „gute Einvernehmen“ der beiden Parteien ging sogar so weit, daß die konservative Ayuso nicht nur auffallend häufig den Fernsehdebatten fernblieb und somit der Vox das rechte Spektrum in der Öffentlichkeit überließ. 

Die ehemalige und künftige Präsidentin der autonomen Region stärkte auch ihrem Wunschpartner im Nachgang der Debatten den Rücken. Selbst dann, als die Spitzenkandidatin der Vox, Rocio Monasterio, den Linken Pablo Iglesias dazu aufforderte, seine „Lügen einzustellen und das Studio zu verlassen.“ 

Recht hilflos hatte Iglesias vorher versucht, seine Kontrahentin zu einer Distanzierung von ominösen Morddrohungen gegen ihn und seine Partei zu bewegen. Monasterio, deren Partei im Wahlkampf heftig von linksextremen Kräften angegriffen worden war, ließ den Vorwurf der „Relativierung“ an sich abprallen und warf Iglesias ein fragwürdiges Verhältnis zur Demokratie vor. Dieser verlor daraufhin die Nerven und verließ wütend das Fernsehstudio. Ein Punktsieg für die Rechten, den die Konservative Isabel Diaz Ayuso noch durch einen Tweet ausbauen konnte: „Pablo, wenn du am 4. Mai auch gehst, mach die Tür zu.“ 

Nach einem wütenden Presseecho aus der linken Medienlandschaft löschte Ayuso den Beitrag zwar, weigerte sich aber trotzdem, eine Distanzierung von der Vox vorzunehmen. „Wenn sie dich Faschist nennen, stehst du auf der richtigen Seite der Geschichte“, antwortete sie in einem Interview, angesprochen auf die Einschätzung von Iglesias, Vox sei eine „faschistische Partei“. 

Beobachter vermuten, daß Isabel Diaz Ayuso nun gemeinsam mit der Fraktion unter Monasterio eine rechte Koalition anstreben wird. Mit zusammen 78 Sitzen im Parlament könnte eine stabile Regierungsmehrheit erzielt werden. 

Eine Beteiligung der Vox an der Regierung durch ein möglichst starkes linkes Ergebnis zu verhindern, war folglich auch das erklärte Ziel des linken Iglesias. Nach Bekanntwerden des Ergebnisses kündigte Iglesias an, von allen politischen Ämtern zurückzutreten. Ein persönlicher Erfolg für Abascal, den er auch der stets charmant wirkenden Rocio Monasterio zu verdanken hat. 

Die Kampagne des linken politischen Spektrums, ein Bündnis aus PP und Vox als „faschistische Gefahr“ (Pablo Iglesias)  darzustellen, verfing bei den Wählern nicht. Stattdessen entschied sich eine relative Mehrheit für die Konservativen im Wissen darum, daß diese gemeinsam mit der im Dezember 2013 von früheren Mitgliedern des Partido Popular gegründeten Vox regieren wollen.