© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/21 / 14. Mai 2021

Signalwirkung verpufft
USA: Das Facebook-Aufsichtsgremium kritisiert die dauerhafte Sperrung von Donald Trump. Dieser rüstet sich derweil für den nächsten Wahlkampf
Marc Zoellner

Lange hatte die Weltöffentlichkeit nichts von Donald Trump auf Facebook lesen dürfen: Seit dem 6. Januar dieses Jahres, dem Tag als Hunderte Anhänger Trumps das Kapitol stürmten, herrscht Schweigen in den sozialen Kanälen des Donald Trump. 

Im Anschluß wurde Trump von Facebook dauerhaft gesperrt. Seine Beiträge, so die damalige Begründung, hätten Gewalt vor dem Kapitol befördert. Vergangene Woche bestätigte das „Facebook Oversight Board“, das Aufsichtsgremium des wohl mächtigsten sozialen Mediums der Welt, die Entscheidung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg.

Eine Signalwirkung auf andere Staatsführer erhofft sich beispielsweise die Deutsche Welle. Nichts folgte. Was die Journalisten übersehen: Die Sperre Trumps, bestätigte das „Facebook Oversight Board“ auch, war weder rechtens noch rechtmäßig.

Die Bestrafung Trumps ist „willkürlich“ gewählt

Im Oktober 2020 nach zweijähriger Vorbereitung von seiten Facebooks gegründet und vom Konzern mit rund 130 Millionen US-Dollar für die kommenden fünf Jahre gefördert, gehören dem Gremium derzeit zwanzig Experten aus sechzehn Nationen an; darunter die US-amerikanische Autorin Suzanne Nossel, die jemenitische Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman sowie die ehemalige Ministerpräsidentin Dänemarks, Helle Thorning-Schmidt.

Ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Konzern gilt jedoch als umstritten. „Es sind alles sehr schlaue und fähige Leute in diesem Gremium“, schildert Rashad Robinson, Vorsitzender der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung „Color of Change“, seine Kritik. Trotz alledem sei „das ‘Oversight Board’ nur ein Haufen von Beratern Mark Zuckerbergs. Er hat sie eingestellt, er hat für sie bezahlt, und er kann sie auch wieder loswerden, wenn er möchte.“

In seiner Entscheidung zu Donald Trump hat das Gremium jedoch zumindest Zähne gezeigt: Die Bestrafung des Ex-Präsidenten sei „willkürlich“ gewählt, verkündete das „Oversight Board“. Facebook habe sich jedoch jederzeit an seine eigenen Richtlinien zu halten. Dem Konzern räumte das Gremium eine Frist von sechs Monaten ein, um diese Sperre zu begründen sowie getreu der eigenen Regeln zu entscheiden, ob Trumps Benutzerkonto für eine „genau festgelegte Zeitspanne gesperrt oder aber wiederhergestellt“ gehört. Sperrungen auf „unbestimmte Zeit“ seien mit dem Regelwerk Facebooks nicht vereinbar.

Das Gremium kritisierte überdies die Weigerung des Konzerns, „einige der 46 gestellten Fragen zu beantworten“, die unter anderem den Algorithmus sowie die Nachrichtenverbreitung des sozialen Netzwerkes betreffen.

Ob Donald Trump auf Facebook zurückkehrt, bleibt also abzuwarten. Seine politischen Ambitionen dürften ihn ohnehin spätestens wieder zum Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl 2024 ins Licht der Öffentlichkeit treiben, für welche Trump bereits jetzt als aussichtsreicher Kandidat der Republikanischen Partei gehandelt wird. 

Bis dahin darf der Milliardär sich auf seiner neuesten sozialen Plattform ganz frei von der Angst vor politischer Zensur vergnügen: Auf „From the Desk of Donald J. Trump“ können seine Anhänger wie Gegner des Politikers seit diesem Monat Trumps tagesaktuelle Beiträge auch wieder in ihre eigenen Pinnwände auf Facebook, Twitter und Co. einbinden.