© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/21 / 14. Mai 2021

Die globalen Rohstoffpreise steigen dramatisch – Inflation droht
Unruhe am Anleihemarkt
Thomas Kirchner

Eisenerz und Stahl, Kupfer, Palladium oder Rhodium, aber auch Kunststoffe und Holz – die Rohstoffpreise steigen auf neue Rekorde. Rohöl ist mehr als doppelt so teuer wie vor einem Jahr. Viele reden von Inflation. Die Zinsen für langfristige Anleihen steigen. In diesem Umfeld goß Joe Bidens Finanzministerin Janet Yellen in einer Rede Öl ins Feuer: „Es kann sein, daß die Zinsen ein bißchen steigen müssen, damit die Wirtschaft nicht überhitzt.“ Von der Ex-Chefin der Zentralbank Fed hätte man mehr diplomatisches Gespür erwartet. Obwohl die 74jährige US-Demokratin einen Tag später Tag auf dem „CEO Council Summit“ des Wall Street Journal kleinlaut zurückruderte („keine Vorhersage oder Empfehlung“), fiel das Medienecho verhalten aus. Zu Trumps Amtszeit hätte der Aufschrei über die Inkompetenz der Regierung Wochen gedauert.

Längerfristige Zinsen steigen, weil Uneinigkeit über erwartete Inflation herrscht: Yellen oder Fed-Chef Jerome Powell gehen von einer vorübergehenden Preissteigerung durch den Nachfrageschub am Ende der Corona-Zeit aus. Pessimisten befürchten, die Inflation sei nicht zu stoppen, wenn sie erst einmal begonnen hat. Die gleiche Furcht vor einer unkontrollierten Entwicklung einer Deflationsspirale dient seit Jahren als Begründung der Niedrigzinspolitik. Weshalb eine Inflation allerdings nur temporär bleiben soll, ganz ohne Spiralenrisiko, bleibt ein Geheimnis. Die Fed hat bereits angekündigt, die Inflation könne eine Zeitlang auch höher ausfallen – ohne daß sie brutal eingreife.

In der Spitze hatten weltweit 26 Prozent aller Anleihen guter Bonität Negativzinsen, hauptsächlich in Euro und Yen notierte. Die Schulden der US-Firmen summieren sich auf 52 Prozent der Wirtschaftsleistung. Ein erheblicher Teil davon wurde zum Kauf eigener Aktien aufgewandt – eine Strategie, die sich dank niedriger Zinsen und steigender Kurse im nachhinein als goldrichtig erwies. Auch US-Wertpapierkredite erreichen neue Rekordwerte, doch relativ zur gesamten Börsenkapitalisierung bewegen sich diese spekulativen Kredite noch im historischen Rahmen. Veröffentlicht werden aber nur absolute Werte, weshalb der Anstieg so dramatisch aussieht.

Sollte spürbare Inflation aufkommen, werden Unternehmen, die hohe Schulden haben, aber steigende Kosten durch Preiserhöhungen weiterreichen können, gut dastehen. Wer die Preise nicht erhöhen kann, kommt allerdings unter Druck, selbst bei niedrigem Schuldenstand. Plötzlich sollen allein Angebot und Nachfrage Preise bestimmen. Wahrscheinlich sind Preissteigerungen eher ein monetäres Phänomen: In China steht ein Fünftel aller Wohnungen leer, trotzdem stiegen die Quadratmeterpreise 2020 um 16 Prozent. Der Lockerungs-Nachfrageschub mag der Auslöser sein, Ursache der Inflation ist aber die lockere Geldpolitik.