© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/21 / 14. Mai 2021

Allianz drängt Stromkonzern RWE zum schnellen Kohleausstieg
Grüne Netzwerke
Marc Schmidt

Die Essener RWE AG, mit einem Marktwert von 22 Milliarden Euro Platz 24 im Dax, erhält mit Markus Krebber zum 1. Juli einen neuen Vorstandschef. Der bisherige Finanzvorstand hat einen radikalen Umbau hin zum Grünstromkonzern angekündigt. Hiergegen regt sich Widerstand bei gewinnorientierten Aktionären und Mitarbeitern, die einen weiteren Arbeitsplatzabbau befürchten. Doch Netzwerker Krebber kann sich auf die Unterstützung alter Freunde verlassen.

Die Münchner Allianz, Nummer fünf des Dax mit 92 Milliarden Euro Börsenwert, eilt zu Hilfe und feilt zugleich am eigenen Ökoimage: der 2015 verkündeten Strategie des „Ausstiegs aus der CO2-basierten Wirtschaft“. Deshalb verkündete die Allianz zur Hauptversammlung, die Kriterien für die Versicherung von Energieunternehmen zu verschärfen. In Zukunft sollen keine Firmen mehr versichert werden, die mehr als fünf Gigawatt Kohlestrom erzeugen. Dies zielt direkt auf RWE, den langjährigen Allianz-Kunden, dürfte dort allerdings den mit der Allianz nicht nur aus früheren Commerzbank-Zeiten vernetzten Krebber nicht überrascht haben. Vielmehr gibt die Allianz mit der Drohung der Kündigung der Verträge Krebber ein Argument in die Hand, sich intern gegen die Widerstände zum Konzernumbau durchzusetzen.

Natürlich riskieren weder Krebber für die RWE noch die Allianz am Ende des Tages ihren Versicherungsschutz oder einen Umsatz dieser Größe. Die Allianz verbindet das neue Vorgehen, das irgendwie an abgesprochene Nötigung erinnert, mit einer Hintertür. Verpflichten sich die versicherten Stromunternehmen zu einer Kohleausstiegsstrategie und den trendigen „Klimazielen“, können sie natürlich weiter versichert bleiben. RWE-Chef Krebber hat also neue interne Druckmittel, Allianz-Chef Oliver Bäte eine positive „grüne“ Nachricht zur Hauptversammlung – und beide können ihre Geschäfte weiter in ihrem Sinn betreiben.