© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/21 / 14. Mai 2021

Blick in die Medien
Spahns „Staatspresse“
Tobias Dahlbrügge

Die Verleger sind sauer. Der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Stephan Scherzer, sieht sogar die Pressefreiheit bedroht. Und zwar durch die deutsche Regierung. Und darum geht es: In Kürze soll das „Digitale Versorgungs- und Pflege-Modernisierungs-Gesetz“

(DVPMG) eingeführt werden. Ziel der Gesetzesnovelle ist die Nutzung der Digitalisierung in der Medizin, zum Beispiel bei digitalen Patientenakten, E-Rezepten und Tele-Sprechstunden. Das Gesetz beinhaltet aber auch das Internetportal gesund.bund.de, das von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verantwortet wird. Die Infoseite wurde bereits 2020 mitten in der Corona-Krise gestartet und enthält zahlreiche Artikel zu verschiedenen Gesundheitsthemen und eine Arzt-Suchfunktion.

Es geht auch um die Vielfalt an Standpunkten jenseits der Regierungspolitik.

Scherzer findet, damit betreibe die Bundesregierung ein eigenes Fachmedium in Konkurrenz zu privaten Medizin-Magazinen. Darin sieht er eine steuerfinanzierte Wettbewerbsverzerrung, denn die Regierung dürfe kein Verleger sein. Für den VDZ-Chef eine „verfassungswidrige Staatspresse“. Scherzer fordert die Bundestagsabgeordneten auf, diese presserechtlich bedenkliche Aktivität per Parlamentsbeschluß zu beenden.

Das ist nicht der erste Ärger um die Plattform: Bereits im Februar untersagte das Landgericht München dem Gesundheitsministerium eine Kooperation mit Google; seine Berufung zog das Unternehmen Anfang April zurück. Der US-Internetriese sollte das Gesundheitsportal bei der Websuche zuverlässig ganz oben plazieren. Der Burda-Verlag hatte wegen Wettbewerbsnachteilen für seine Publikationen geklagt.

Doch es geht freilich nicht nur um die Konkurrenz für Zeitschriften, sondern auch darum, daß die Nutzer von gesund.bund.de keine Chance haben, dort Inhalte zu lesen, die nicht hundertprozentig im Einklang mit der Regierungspolitik stehen.