© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 20/21 / 14. Mai 2021

Umwelt
Der braune Baumeister
Paul Leonhard

Der Landschaftsgestalter Castor fiber hat eine exakte Vorstellung, wie sein Lebensraum zu modellieren ist: Bäche werden angestaut, bis das Wasser mindestens einen halben Meter tief ist. Nur das garantiert einen sicheren Eingang zur Wohnhöhle im Ufer. Zu flaches Land ist durch einen Damm notfalls bis zu mehreren Quadratkilometern zu überschwemmen. Mitunter erscheinen dem Biber auch Entwässerungsgräben besser geeignet als natürliche Gewässer, so daß erstere angestaut und letztere entwässert werden. Tierschützer erfreuen sich an dem Ökosystem-Ingenieur, der für feuchte Wiesen und Wälder sowie für Totholz für Insekten sorgt. Dank FFH-Richtlinie 92/43/EWG und Bundesnaturschutzgesetz darf das 30 Kilo schwere Nagetier sogar Schutzdämme durchlöchern und CO2-speichernde Bäume fällen – nur Wölfe dürfen das schmackhafte Biberfleisch ungestraft genießen.

Will man den Tieren an den Kragen, bekommt man es mit strengen Biberbeauftragten zu tun.

Die Teichwirte in der Lausitz sind auf den Biber genauso sauer wie die Bauern in Bayern – doch seine Rückkehr gilt als große Erfolgsgeschichte des Naturschutzes. Lebten 1919 in Deutschland nur noch etwa 200 Biber an der Mittleren Elbe bei Dessau, so sind es heute bundesweit wieder mehr als 35.000 – bei stetig wachsender Population. Betroffene Bauern und Hausbesitzer versuchen daher auszuloten, welche Spielräume die strengen deutschen und EU-Gesetze zulassen. Will man Bibern an den Kragen, bekommt man es mit unzähligen Biberbeauftragten der Landkreise zu tun. Dann gibt es meist Tips zum Einbau von Gittern. In Brandenburg ist inzwischen sogar der zuständige Umweltminister, Axel Vogel von den Grünen, zu der Erkenntnis gekommen, daß alle Reviere besetzt sind. Nach der jetzt ein Jahr alten Biberverordnung können die braunen Baumeister nicht nur umgesiedelt, sondern – als letztes Mittel – getötet werden. Aber nur, wenn die Behörde zustimmt.